Von der Furcht zur Ehrfurcht

Bei dem Wort „Furcht“ hast du bestimmt gleich an Angst gedacht, oder? Zwischen Angst und Furcht liegt aber ein himmelweiter Unterschied! Ängste sind etwas was zum Menschsein gehört, weil sie vor Gefahren schützen.

Entweder du hast selber eine Erfahrung gemacht, dann hast du das Wissen angewendet, rennst nicht bei Rot über die Ampel, fasst nicht in eine brennende Kerze oder fuchtelst nicht mit einem scharfen Messer vor deiner Nase herum. Angst zu empfinden beruht auf Wissen und Lernen, mit Gefahr umzugehen. Angst führt immer in eine Lösung. Du kannst es auch „Alternative“ nennen: statt der Katze ins Maul zu fassen, lieber streicheln, statt ins Feuer zu fassen, es lieber als Wärmequelle respektieren usw.

Aber es gibt zahllose Ängste, die man übernimmt, weil sie einem eingetrichtert, ja, sogar in der Familie vererbt werden. Das sind Ängste ohne Lösung. Wie auch, wenn du keine Erfahrung dazu hast? Angst vor Spinnen macht jemanden krank, wenn gar kein negatives Erlebnis mit Spinnen vorliegt. Wenn ich in den Keller gehe, begrüße ich jede Spinne und danke ihr für ihre Tat, Insekten zu fangen. Die Angst vor Viren, Bakterien, Krankheit wird massenweise durch die Medien vermittelt. Wenn du dich aber fragst: Was kann ich tun, damit mein Immunsystem so stark ist, dass die winzige Mikrobe bei mir nicht landen kann?, dann schwindet diese Angst, weil du eine Lösung hast.

Die Furcht zeigt deine gute Intuition Aktuelles aus der Natur für Jugendliche Da staunst du sicher, dass die Furcht was Positives ist! Ja, sich vor etwas fürchten heißt, du nimmst etwas wahr mit deinen feinen „Antennen“, du spürst etwas, das du nicht sofort einordnen oder erklären kannst. Kleines Beispiel: Als wir in die alte Villa von 1925 einziehen wollten, verbrachte ich einen Tag und vor allem eine Nacht im leeren Haus, ging im Dunkeln durch die Kellerräume, um zu spüren: Ist das ein gesundes Haus? Oder ist hier etwas Unangenehmes gespeichert? Da ich „Angst vor Dunkelheit“ nicht gelernt habe, konzentrierte ich mich auf die Hausatmosphäre. Da kam ein Gefühl von Ehrfurcht, was für ein gesunder „Geist“ in dem Haus schwingt. Deshalb wohnen wirgerne darin.

Die Furcht ist das intuitive Erfassen von etwas Höherem als du selbst. Das kann auch ein Naturerlebnis sein, wenn du z.B. draußen bist kurz vor einem Gewitter. Die Atmosphäre ist in Hochspannung und das kannst du fühlen. Natürlich bis du so klug und gehst ins Haus, wenn das Gewitter losgeht. Furcht mündet auch in eine Lösung, entsteht aber durch etwas Geheimnisvolles, das du ergründen willst. Lass mal Folgendes auf dich wirken. Im Mittelalter musste der Ritter eine Mutprobe bestehen: eine ganze Nacht in einer dunklen, leeren Kapelle vor dem Altar knien und sich nicht umdrehen. Wer zum Ritter geschlagen wurde, spürte die Furcht, dass sich in der Dunkelheit Raum und Atmosphäre verändern, die Sinne schärfen und das Bewusstsein erweitern. Wer sich umdrehte, gehorchte übernommenen Ängsten und wurde nicht zum Ritter geschlagen. Man nannte diese Furcht, etwas Größeres wahrzunehmen und für das eigene geistige Wachstum zu nutzen „Ehrfurcht“: dem Unbekannten, Großartigen seine Ehre erweisen. Das ist ein Zeichen menschlicher Reife und Größe.

Dr. Rosina Sonnenschmidt ist international renommierte Homöopathin und Autorin

Dieser Artikel ist aus unserer impulse-Serie „Aktuelles aus der Natur für Jugendliche“.  Unter Naturheilkunde für Kids u. Teens auf unserer Webseite gibt es weitere spannende Beiträge.