Das metabolische Syndrom vereint vier Wohlstandskrankheiten und ist lebensgefährlich. Dabei wäre es so einfach, das Risiko zu minimieren.

VON DR. MED. MARTIN FREIHERR VON ROSEN, Illustration: creativ collection

Metabolismus ist der Fachausdruck für Stoffwechsel, daher könnte man das metabolische Syndrom auch Stoffwechselsyndrom nennen. Das hört sich harmlos an, ist es aber nicht. Denn das metabolische Syndrom erhöht massiv das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und damit generell die Sterblichkeit. Nicht umsonst werden die beteiligten Krankheiten als tödliches Quartett bezeichnet.

 

Unter dem metabolischen Syndrom versteht man die Kombination mehrerer Zivilisationskrankheiten: Latenter (verborgener) oder schon manifester Bluthochdruck, -latenter oder schon manifestierter Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörung und deutliches Übergewicht. Häufig liegt auch eine Erhöhung der Harnsäure, eine Störung der Gefäßfunktion (endotheliale Dysfunktion) und eine schwelende, niedriggradige Entzündung (silent inflammation) vor.

 

Ein Viertel der Bevölkerung betroffen

Allen Krankheiten gemeinsam ist, dass ihre Häufigkeit zunimmt und dass man sie mit vernünftiger und gesunder Lebensweise vermeiden oder beeinflussen kann. Glaubt man der Statistik, so leiden 25 Prozent der Bevölkerung an einem metabolischen Syndrom. In der Regel sind Personen über 60 Jahren betroffen. Aber auch die Zahl erkrankter Jugendlicher oder Kinder nimmt zu. Deswegen gibt es heute auch schon Tabletten gegen Altersdiabetes für Kinder. Das ist die Schizophrenie unserer Wohlstandsgesellschaft.
Augenscheinlichstes Anzeichen für ein metabolisches Syndrom ist Übergewicht. Da dem Bauchfett bei der Entstehung chronischer Krankheiten eine besondere Rolle zukommt, greift man heute anstatt auf den Body Mass Index (BMI) auf das Taille-Größe-Verhältnis zurück. Der dafür gängige englische Begriff WHtR (Waist-to-height ratio) ist etwas sperrig, weswegen ich in meiner Praxis vom WHV spreche, dem „Wanst-Höhe-Verhältnis“. Das kann sich jeder merken. Liegt der WHV höher als 0,5 bzw. 0,6 (bei älteren Menschen), gilt das als Zeichen eines erhöhten Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und damit auch für Herzinfarkt, Schlaganfall und Demenz.

 

Ursachenforschung: Gen oder Lebensstil?

Gerne werden Erkrankungen auf die Gene geschoben. Und ja, auch beim metabolischen Syndrom kann die genetische Komponente mit eine Rolle spielen. Kinder von Eltern mit Übergewicht oder Diabetes haben ein erhöhtes Risiko für Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, Herzerkrankungen oder Schlaganfall. Das lässt sich auf die genetische Disposition zurückführen, aber auch auf den vermittelten Lebenswandel. Denn sogenannte epigenetische Phänomene – Umweltfaktoren, die den Aktivitätszustand von Genen verändern und von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden können – scheinen bei der Entstehung von Krankheiten eine wichtigere Rolle zu spielen als bisher angenommen. Studien belegen, dass das Risiko für Übergewicht und Bluthochdruck im Erwachsenenalter erhöht ist, wenn man in den ersten beiden Lebensjahren zweimal Antibiotika bekommen hat.

 

In diesem Zusammenhang ist es einmal mehr wichtig, auf die Bedeutung einer -gesunden Darmflora hinzuweisen. Unsere Darmflora wird stark von unserer Ernährungsweise bestimmt – und die ist oft ungünstig. Wir essen zu schnell und daher von allem zu viel: Zuviel Eiweiß, zu viel Fett und zu viele Kohlenhydrate. Nur von reifem Obst und Gemüse essen wir zu -wenig. Auch mangelnde Bewegung trägt zur Entstehung eines metabolischen
Syndroms bei.

Tipps zur Vorsorge

Ziel einer Behandlung ist die Reduktion der drei Risikofaktoren: Hoher Blutzucker, hoher Blutdruck, hohes Gewicht. Leider setzen viele Ärzte heutzutage ausschließlich auf eine Behandlung mit Tabletten und nicht auf die Eigenverantwortung der Patienten.

 

Dabei können wir selber ganz leicht vorbeugen. Wer sich ausreichend bewegt und gesund ernährt, senkt das Risiko massiv, am metabolischen Syndrom zu erkranken. Schon fünfmal 30 Minuten Bewegung pro Woche reduzieren das Risiko für Herzkreislauferkrankungen. Tipp: Parken Sie ihr Auto nicht am gewohnten Platz direkt vor der Arbeitsstelle, sondern einfach 500 Meter weiter weg. Schon sind Sie fünf Kilometer mehr pro Woche gelaufen!

 

Auch eine gesunde Ernährung ist nicht schwierig. Ich halte wenig von Diäten oder dogmatischen Ernährungsformen. Gehen Sie lieber pragmatisch an das Thema heran. Bewährt hat sich, morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettelmann zu essen. Denn zu späte Nahrungsaufnahme führt zu einem erhöhten Insulinspiegel. Insulin ist aber ein fetteinlagerndes Hormon und das Bauchfett wiederum ein Risikofaktor für Herzkreislaufkrankheiten. Zudem sollte die Ernährung basisch sein, also (überwiegend) vegetarisch. Wichtig ist auch, langsam zu essen und ausreichen zu kauen. Dann ist man schneller satt und isst automatisch weniger. Einfaches Prinzip – große Wirkung.

 

Die Verantwortung für die eigene Gesundheit liegt bei einem selber und nicht bei Ärzten, Kranken- oder Gesundheitskassen. Das Krankheitsbild des metabolischen Syndroms zeigt wieder einmal eindrücklich, dass es sich lohnt, sich früh selbst um seine Gesundheit zu kümmern.

 

Dr. med. Martin Freiherr von Rosen ist Facharzt für Innere Medizin, Naturheilkunde, -biologische Krebsmedizin und Sportmedizin,
www.praxis-rosen.de