Ein historischer Aufruf zu mehr Entschleunigung & Entspannung

Auszug aus: Eine schöpferische Pause von Dr. med. Werner Tiegel
Naturarzt Ausg. Nr. 7 1957

Bild: pixaby

[…] Das Tempo unserer Zeit zerrt an den Nerven, am Herzen, am seelischen – am ganzen Leben des modernen Menschen.
wir haben verlernt, Muße zu haben.
Wir haben den Wert des Feierabends verkannt!
Wir haben verlernt, Muße zu haben.
Wir haben den Wert des Feierabends und des geruhsamen Wochenendes verkannt!

Der Abend gehört nicht mehr der Familie, der Hausmusik, der geselligen Unterhaltung.
Der Abend wird im Kino, in Versammlungen, in Lokalen verbracht. Möglichst geht man dorthin, wo der Sensationslust des heutigen (Roboter) Menschen genüge getan wird.
Kurzum: das Moderne Leben ist höchst naturwidrig.

Das Leben wird erfüllt von Arbeit.
man darf aber nicht der Sklave seiner Lebenserfüllung werden, wie man nichtsich nur billigen, aufreibenden, nerven zehrenden Sensationsgelüsten hingeben darf!

Das Leben verläuft in den von der Natur festgelegten Rhythmen.
Da gibt es den Tag und die Nacht, die Arbeit und die Erholung, das Hell und Dunkel, das Warm und Kalt, das Trocken und Nass.
Das alles, spielt uns ein Wichtiges Organ unseres Körpers vor: das Herz.
Es zieht sich jahraus, jahrein, Tag und Nacht zusammen und erschlafft.
Zwischen jedem Herzschlag ist eine Pause.
Zur Erholung.
So müsste es der Mensch auch halten.
Nach der Arbeit die Pause.
Zur Erholung.
Das braucht nicht gleichbedeutend sein mit Nichtstun. Man kann sehr wohl einen Feierabend “schöperisch” verbringen, indem man ein gutes Buch liest […] einem guten Konzert oder Hörspiel zuhört.
Aber auch wirklich, wie im Theater, hinhört und nicht nur den Apparat als Geräuschkulisse verwendet. Das wäre nicht erholsam.
Lärm ist mit Geräusch verbunden sagte schon Wilhelm Busch.
[…]
Oder das Wochenende.
Früher gab es Sammler. Ganz gleich, was man sammelte: Briefmarken, Glocken, altes Porzellan. Für die Ordnung und Betrachtung der Sammlung […] war das Wochenende da.
Und Heute?
Sagen wir kurz: Kilometerfressen. Raus. Ja, wenn man sich auf eine Wanderung begäbe!
Das hätte einen Sinn. Stattdessen gibt es große Wäsche, Instandsetzungen im Garten, in der Wohnung. Arbeit. Nichts als Arbeit, statt der Pause.
Wie falsch, wie vernichtend!.
Geht doch hinaus in Gottes freie Natur.
Lernt Zeiteinteilung.
Organisiert besser.
Und Ihr habt mehr Zeit.

Was war doch gleich ein Manager? “Ein Mensch, der für nichts Zeit hat, bis ihn der Tod zwingt, nichts als Zeit zu haben” (Nebel).
[…]
Noch ein Wort zum Urlaub.
Früher ging man in eine Erholung. Dorthin, wo es still war. Heute muss es eine möglichst weite Reise sein. Man will sehen, sehen… und rast von einem Bauwerk und Museum zum Anderen. der Urlaub könnte eine “schöpferische Pause” werden, wenn man es nur richtig anstellen würde.
Und Heute?
man könnte nach Hause, hat tausend Aufnahmen in der Tasche , die dann irgendwo liegen und phototechnisch bestaunt oder bekrittelt werden – aber genießen, die Erinnerung an schöne Urlaubsstunden heraufbeschwören? Wer tut das denn noch? Wie? – Natürlich keine Zeit.

[…] Der heutige Mensch braucht mehr als frühere Generationen die Pause, die Erholung, die Entspannung. Wir sind alle samt und sonders verkrampft. […] wenn man das erkannt hat, dann wird man sich mal wieder besinnen können. Dann erholen sich Leib und Seele. Dann macht die Arbeit mehr Freude. Dann geht sie uns nochmal so leicht von der Hand.
Wir sind keine Galeerensträflinge.
[…] Es wäre an der Zeit. Für alle, für mich, für Dich, für dein Kind.
An der Zeit, aus der Pause zu schöpfen…