Die Natur als Naschgarten
In Bad Pyrmont entsteht ein Essbarer Wildpflanzenpark – tatkräftig unterstützt von zwei Naturheilvereinen
Von Ulrike Schattenmann, Foto: Michael Mäkler
Das Wiesenschaumkraut muss noch gepflanzt werden, ebenso ein paar Himbeersträucher, auch die Bilder für die Infotafeln fehlen noch. Aber im Großen und Ganzen ist fast alles fertig für den großen Tag: Anfang Juni eröffnet der zweite Essbare Wildpflanzenpark (Ewilpa) Deutschlands im niedersächsischen Bad Pyrmont. Auf dem Gelände des historischen Kurparks können Besucher dann durch eine abwechslungsreiche Landschaft schlendern. Der 3,5 Kilometer lange Rundweg führt über 13 ausgewiesene Stationen entlang Äckern, Feucht- und Streuobstwiesen, vorbei an bewaldeten Ecken und Himbeerhecken, durch Obstbäume und einen Lindenhain.
Sammeln und Naschen ist ausdrücklich erlaubt. Denn das ist der Grundgedanke der sogenannten Ewilpas: Zu zeigen, dass die Natur, wenn man sie einfach wachsen lässt, wertvolle Schätze bereithält, die nicht nur schmecken, sondern auch die Gesundheit fördern. Das Konzept ins Leben gerufen hat der Biologe und Wildpflanzen-Experte
Dr. Markus Strauß. Seine Ewilpa-Stiftung unterstützt Projekte deutschlandweit und ist, zusammen mit der Niedersächsischen Staatsbad Pyrmont Betriebsgesellschaft mbH auch Betreiberin des Ewilpas in Bad Pyrmont.
Den Stein ins Rollen gebracht hat allerdings Ute Mühlbauer, Gesundheits- und Ernährungsberaterin sowie Gründerin und Vorstand des Naturheilvereins Weserbergland e.V. Sie hatte sich bei Dr. Markus Strauß weitergebildet und war von der Idee der essbaren Parklandlandschaften begeistert. „Das wollte ich unbedingt auch in unserer Region verwirklichen – und ich bin überrascht und beglückt, wie schnell das Projekt umgesetzt wurde“, erzählt sie.
In Bad Pyrmont stieß sie mit ihrem Anliegen auf offene Ohren. Bereits vor zehn Jahren hatte man sich im historischen Kurpark für naturnahes Gärtnern entschieden und arbeitet seitdem ohne Agrarchemie, wie Michael Mäkler, Gärtnermeister und Leiter der Kurparkpflege, erzählt. Platz genug ist da: Das Kurpark-Gelände umfasst auch noch Flächen außerhalb des bekannten Park-Zentrums, die frei zugänglich und landschaftlich geprägt sind.
Viele Unterstützer
Große Einwände oder Hürden „gab es daher nicht, sondern eigentlich nur positiven Zuspruch“, sagt Mäkler. Begonnen hat alles vor einem Jahr mit einer Machbarkeitsstudie, in der neben der Stadt Bad Pyrmont und der landeseigenen Betriebsgesellschaft auch die Denkmalpflege beteiligt war, weil Teile des Kurparks unter Denkmalschutz stehen. Die Finanzierung des Umbaus erfolgte größtenteils mit Mitteln aus dem Haushalt der Stadt, zudem wurden Spenden gesammelt. Unterstützt wird das Projekt nicht nur von den beiden Naturheilvereinen Weserbergland und Bad Pyrmont, sondern auch von den ansässigen Heimat- und Naturschutzvereinen.
Der Park soll nicht nur als Erholungs-, sondern auch als Lernort dienen: Geplant sind Führungen und Informationsveranstaltungen, denkbar sind auch Kooperationen mit der örtlichen Gastronomie, die dann etwa Smoothies aus Bad Pyrmonter Wildkräutern auf die Speisekarte nimmt. Ute Mühlbauer hat schon Kontakt zu Schulen geknüpft, die den Park als grünes Klassenzimmer nut zen können. „Wir erhoffen uns ganz viele Besucher von außerhalb – und vor allem Strahlkraft über die Region hinaus.“
Ewilpa Bad Pyrmont, Eröffnung am 6. Juni 2020, www.badpyrmont.de
Weitere Ewilpas u.a. in Bad Neualbenreuth (Bayern) und Mönchengladbach (NRW) sind in Planung. Sie wollen auch einen Ewilpa gründen? Infos und Unterstützung gibt es unter www.ewilpa.net