Die Heilkraft der Sonne

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Foto: creativ collection

Nichts wie raus und Sonne tanken, das macht gute Laune und füllt unser Vitamin-D-Depot auf. Warum wir das Sonnenvitamin so dringend brauchen und wie man sein Schutzschild aktiviert, erklären zwei Vitamin-D-Experten.

Obwohl seine große Bedeutung weltweit wissenschaftlich anerkannt ist, spielt Vitamin D in den meisten Arztpraxen immer noch eine untergeordnete beziehungsweise gar keine Rolle. Dabei sind in Deutschland nur Säuglinge aufgrund der Rachitis-Prophylaxe ausreichend mit Vitamin D versorgt. Ganz anders sieht es bei der restlichen Bevölkerung aus: 85 Prozent aller Bundesbürger sind mit dem wichtigen Vitamin unterversorgt. Besonders hart trifft es oft ältere Menschen, die aufgrund schlechter Vitamin D-Versorgung eine Osteoporose entwickeln.

Vitamin D nimmt eine Schlüsselposition für unsere Gesundheit ein. Es ist an wirklich allen möglichen Vorgängen im Körper beteiligt. Das weiß man deshalb so genau, weil sich in allen Geweben und Organen Vitamin-D-Rezeptoren befinden. Es beeinflusst nicht nur Immunsystem und die Psyche, ihm kommt auch in Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine große Bedeutung zu. Auch in der Krebsprävention spielt Vitamin D eine entscheidende Rolle.

Über die Nahrung kann der Vitamin-D-Bedarf allerdings höchstens zu 10 Prozent abgedeckt werden. Man müsste täglich viele Kilogramm Shiitake-Pilze oder kilogramm-weise fettreichen Kaltwasserfisch wie Aal, Lachs und Hering verspeisen, um auf gute Vitamin D-Werte zu kommen.

Aber Vitamin D ist etwas ganz besonderes; es kann nicht nur über die Nahrung zugeführt, sondern vom Körper selbst gebildet werden – und zwar in der Haut, weshalb es sich streng genommen um ein Hormon handelt. Dazu benötigt der Körper aber die UV-B-Strahlen der Sonne.

Eine ausreichende UV-B-Strahlung ist hierzulande jedoch nur von Mitte März bis Mitte Oktober vorhanden. In den Wintermonaten steht die Sonne zu tief. In dieser Zeit schaffen es die UV-B-Strahlen nicht, durch die Erdatmosphäre bis zur Erdoberfläche durchzudringen.

Das Dilemma: Wenn die UV-B-Strahlung in den Sommermonaten vorhanden ist, gehen die meisten Menschen trotzdem zu wenig in die Sonne. Dafür gibt es viele Gründe. Unter anderem die Angst vor Hautkrebs. Doch beim Einfluss der Sonne auf das Hautkrebsrisiko muss man differenzieren.

UV-A und UV-B-Strahlung wirkt unterschiedlich

Fakt ist, dass bei weißem Hautkrebs nicht nur die UV-Strahlung, sondern auch das Alter eine Rolle spielt. Dagegen tritt der bösartige schwarze Hautkrebs (schwarzes Melanom) geradezu oft an Hautstellen auf, die vor der Sonne geschützt sind. Man geht inzwischen davon aus, dass die langwelligen UV-A Strahlen die Kleidung durchdringen können und deshalb Schäden verursachen.

Da sich die beiden UV-Spektren sehr unterschiedlich in der Atmosphäre ausbreiten und auf die Erde auftreffen, ist auch ihre Strahlungsstärke über den Tag verschieden. Im Gegensatz zur UV-A-Strahlung verteilt sich UV-B viel breiter in der Atmosphäre und wirkt dadurch von allen Seiten gleichzeitig. Dafür ist sie bereits um 15 Uhr nur noch halb so stark wie am Mittag. Die schädliche UV-A-Strahlung halbiert sich jedoch erst gegen 18 Uhr. Wer sich also um 16 Uhr noch ungeschützt sonnt, der tut sich nichts Gutes. Eine Vitamin-D-Produktion findet dann so gut wie nicht mehr statt, während die Hautkrebsgefahr weiterhin unverändert vorhanden ist.

Wann besteht Vitamin D-Mangel?
Die allgemein anerkannte Messgröße, die Ärzte untersuchen, um die Vitamin-D-Versorgung zu überprüfen, ist der Spiegel des 25-OH-Vitamin-D3 im Blut. (25-OH-Vitamin D3-Messung). 25-OH-Vitamin-D3 ist eine Vorstufe des aktiven Vitamin D.

Die absolute, kritische Untergrenze dieses Blutwertes liegt bei 30 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml). Generelle Übereinstimmung herrscht heute aber darüber, dass Blutwerte bereits unterhalb 50 ng/ml als defizitär einzustufen sind. Wissenschaftler raten zu Blutwerten zwischen 50 ng/ml und 80 ng/ml.

Ist der Vitamin-D-Wert zu niedrig, dauert es in der Regel drei bis vier Monate, bis der Speicher wieder aufgefüllt ist. Viele Therapeuten sträuben sich aber noch dagegen, ein Vitamin-D-Defizit kurzfristig und hochdosiert zu therapieren. Sie befürchten eventuelle negative Auswirkungen in Verbindung mit Kalzium. Doch Experten wie Prof. Jörg Spitz (Akademie für menschliche Medizin und evolutionäre Gesundheit durch Spitzenprävention) und Prof. Winfried März (Klinisches Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik an der Medizinischen Universität Graz, Österreich und assoziierter Wissenschaftler am Mannheimer Institut für Public Health) verweisen auf die LURIC-Studie und die Arbeit von Dr. Stefan Pilz an der Uni Graz. Pilz konnte zeigen, dass Vitamin D mit Calcium nur schwach korreliert, da das Parathormon (PTH) sofort gegensteuert.

Um einen viel zu niedrigen Wert wieder auf das normale Niveau anzuheben, dürfen Erwachsenen kurzfristig ruhig 20.000 Internationale Einheiten (IE) Vitamin-D3 täglich einnehmen. Eine erneute Kontrolle des Blutwertes muss dann unbedingt nochmals nach drei vier Wochen erfolgen. Die Erhaltungsdosis liegt danach bei etwa 20.000 IE wöchentlich. Korpulente Menschen benötigen unter Umständen die doppelte Menge. Zudem sollte der Vitamin-D-Spiegel mindestens einmal jährlich überprüft werden.

Horst Boss ist Heilpraktiker, Schmerztherapeut und Medizinjournalist. Er veröffentlicht in Ärzte- und Apothekerzeitungen, Magazinen und in seinem Podcast unter abenteuer-heilung.de, sowie auf youtube.com/c/hohebo

So wichtig ist Vitamin D

  • Vitamin D ist unter anderem verantwortlich für die Kalziumaufnahme aus dem Darm.
  • Ein Mangel an Vitamin D stellt einen zusätzlichen Risikofaktor für arterielle Hypertonie dar.
  • Die Framingham-Offspring-Studie zeigt, dass Personen mit einem Vitamin-D-Spiegel unter 37,5 ng/ml ein höheres Risiko hatten, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Bei lediglich 25 ng/ml liegt das Risiko bereits 4,4-fach höher.
  • Niedrige Vitamin-D-Werte können Diabetes mellitus auslösen
  • Hohe Vitamin-D-Werte wirken sich bei Krebserkrankungen positiv aus
  • Vitamin D hilft bei der Immunmodulation. Bei häufigen Infekten liegt es deshalb nahe, den Vitamin-D-Wert zu überprüfen. Man schätzt, dass sich bei ausreichender Vitamin-D-Versorgung bis zu 90 Prozent der Grippe-Fälle vermeiden lassen
  • Hohe Vitamin-D-Werte verringern das Risiko, an einer Depressionen zu erkranken