Die Leber, das größte und – vom Stoffwechsel her betrachtet – vielseitigste Organ besteht aus vielen mikroskopischen Funktionseinheiten und den sogenannten Leberläppchen. Bei verschiedenen Schädigungen besitzt die Leber ein beträchtliches Regenerationsvermögen. Auch ausgedehntere Zellschäden, wie sie bei der akuten Virus-Hepatitis vorkommen oder bei chronisch toxischen Einwirkungen, zum Beispiel chronischer Giftbelastung und Alkoholmissbrauch, heilen im allgemeinen vollständig aus. 

 

Zu einer unvollständigen Erholung mit verstärkter Bindegewebsvermehrung (sogenannte fibrotische Veränderung der Leber) kommt es bei zusammenfließenden, die Leberläppchen brückenartig verbindenden Gewebsschäden oder bei weniger ausgeprägter, aber fortdauernder chronischer Leberschädigung und Entzündung. Klinische Symptome werden bei Lebererkrankungen eher durch Leberzelluntergänge oder durch eine Behinderung der Gallenausscheidung, aber auch durch eine Bindegewebsvermehrung hervorgerufen. Eine vermehrte bindegewebige Durchsetzung der Leber verläuft anfangs weitgehend symptomlos. 

 

Klinische Krankheitsbilder sind in der Regel Ausdruck jedweder Form einer erhöhten Drucksteigerung in den Blutgefäßen, die der Leber zulaufen. Die Leber wird außerdem von zahlreichen Lymphgefäßen durchzogen. Störungen der Leberdurchblutung kommen bei der Leberzirrhose oder anderen chronischen Lebererkrankungen vor und führen zu einem Pfortaderhochdruck. Die Leberzellen führen überaus komplexe Stoffwechselvorgänge durch und sind für die zentrale Rolle der Leber im Stoffwechsel verantwortlich. Zu den wichtigsten Leberzellfunktionen gehören unter anderem die Bildung und Ausscheidung der Galle, die in der Gallenblase konzentriert wird, Regulation des Zuckerstoffwechsels, Herstellung von Blutfetten und Ausscheidung von Eiweißen, Kontrolle des Cholesterin-Stoffwechsels, Bildung von Harnstoff, Albumin, Gerinnungsfaktoren, Enzymen und zahlreichen anderen Eiweißstoffen, Entgiftung von Medikamenten und chemischen Substanzen. Die meisten Lebererkrankungen gehen mit Funktionsstörungen der Leberzellen einher und führen zu verschiedenartigen klinischen und laborchemischen Veränderungen. 

Die naturheilkundliche Therapie im Sinne einer leberunterstützenden und entgiftenden Behandlung empfiehlt folgendes: 

 

Ernährungstherapie 

Spezifisches Meiden leberschädigender Substanzen wie chemisch-medikamentöse Präparate und überreichlicher Alkoholgenuss. Eine eigene Leber-Schonkost ist umstritten. Empfehlenswert ist eine allgemeine Fettverminderung, wobei überwiegend ungesättigte Fettsäuren im Rahmen der Speisenzubereitung verwendet werden sollten. Günstige Effekte sind darüber hinaus von Heilfastenperioden, insbesondere bei chronischen Lebererkrankungen (Fettleber, chronisch entzündlichen Hepatitis-Formen) zu erwarten. Heilfasten bei einer Leberzirrhose ist kontraindiziert. Bei ständigem Alkoholgenuss erscheint der Hinweis sinnvoll, dass ein Patient seinen Alkoholkonsum kaum je als hoch oder gar sehr hoch ansehen wird. Ratsam erscheint der Appell gegenüber dem Patienten, dass seine Leber besonders empfindlich reagiere und demzufolge ein „Glas weniger“ oder ein Verzicht darauf angebracht sei. 

 

Neuraltherapie 

Neuraltherapeutische Behandlungen können ebenfalls eingesetzt werden, wobei bei chronischen Beschwerden spezifische Störfelder auszuschließen sind. Die chinesische Medizin kennt unter anderem Leberstörungen kombiniert mit Augenproblemen, eine chronische Belastung des Darmraumes führt oft zu vermehrter Leberbelastung. Eine weitere chronische Giftstoffbelastung sollte ausgeschlossen werden. Bei klinischem Verdacht auf chronischen Alkoholkonsum erscheint eine Überprüfung des Alkoholspiegels am Vormittag sinnvoll (zu erwartender fehlender Nachweis von Alkohol im Serum bei nicht alkoholkranken Patienten). Quaddeln mit einprozentigem Lidocain über der Leber sind zum Beispiel hilfreich wie auch neuraltherapeutische Injektionen der Lebersegmente des Rückens. 

 

Physikalische Behandlungen 

Ziel ist eine Linderung von Schmerzen durch Krampflösung und Entzündungshemmung, zusätzlich Verbesserung der Leberdurchblutung. Schwerpunkte im Rahmen dieser Behandlung bilden die Hydro- und Thermotherapie, ferner die Bindegewebs- und Segmentmassage, weiter die Periostbehandlung und Dickdarmtherapie, ferner Trinkkuren mit Sulfatwässern. Reflexzonentherapien am Fuß dienen als unterstützende Behandlung bei allen Leberkrankheiten. Nützlich sind weiter bei ausleitende Verfahren als adjuvante Behandlung die Schröpfkopfbehandlung und die Anwendung von Blutegeln am rechten Rippenbogenrand. Im Falle fortbestehender Beschwerdesymptomatik – bei Zustand nach Entfernung der Gallenblase – erscheint ein Behandlungsversuch mit neuraltherapeutischem Unterspritzen der Narbe oder einem Canthariden-Pflaster auf die Narbe sinnvoll, auch die lokale Auflage von Blutegeln. 

Blutige und trockene Schröpfkopfbehandlungen wirken entstauend oder anregend bei allen funktionellen und organischen Erkrankungen der Leber und der Galle. Beide Zonen sind leicht am Rücken auffindbar und häufig als Fülle- oder Leergelosen zu tasten. Es empfiehlt sich, die Leberzone grundsätzlich nur „trocken“ zu behandeln. Mit ihrer Behandlung beeinflusst man meist nicht nur die Leber selbst, sondern den gesamten Funktionskreis. Zusätzlich entgiftend, unter anderem bei Kolikerkrankungen der Gallenblase und galleableitenden Wege, erscheinen verschiedene Hydrotherapien mit ansteigenden Fuß- und Sitzbädern, ferner heiße Dampfkompressen (heiße Rolle im Gallensegment in Höhe des sechsten bis zehnten Brustwirbelkörpers rechts der Wirbelsäule bis zum rechten Rippenbogen), ferner heiße Packungen von zerquetschten Pellkartoffeln und Leinsamenbrei, im folgenden kalte Auflagen. Ferner Periostbehandlung im Bereich des rechten Rippenbogens, Bindegewebsmassagen bei Koliken, im Intervall ansteigende Fußbäder und Leibwickel. Bei akuter Entzündung der Gallenblase sinnvoller Einsatz von kalten Prießnitz-Umschlägen im Leberlogenbereich (im Falle fieberhafter Erkrankungen die kalten Umschläge öfters erneuern), zusätzlich Wadenwickel, ansteigendes Fußbad bei kalten Füßen. Begleitende leberentgiftende Wirkungen entfalten, unter anderem feucht-warme Kompressen, wie heißer Heusack, Fango- und Moorpackungen, mit Auflage der Packungen nach den Hauptmahlzeiten auf den rechten Ober- und Mittelbauch. 

 

Akupunkturbehandlungen 

Leberkrankheiten sind keine klassische Akupunkturindikation. Bei chronischen Entzündungen der Gallenblase kann jedoch eine Akupunkturbehandlung begleitend sinnvoll sein, ebenso zur Steigerung der Gallenblasenmotorik, was bei kleinen Steinen zu deren Abgang führen kann. Darüber hinaus erscheint eine begleitende Akupunkturbehandlung sinnvoll (zum Beispiel G40, 38, B18, 19, Leber 3), bei Verkrampfungen von Gallenblase und ableitenden Gallenwegen (Akupunkturpunkte L2, 3, G 14, 37, 38). Bei entzündlicher Erkrankung der Gallenblase die Punkte B18, 19, Leber 3, 6, Gallenblase 23, 24, 34, 37, 38, 40, KG 12, Extra 39 (G34 auf dem G-Meridian). 

 

EIektroneuraltherapie 

Bei zahlreichen Leber- und Gallenerkrankungen erscheint der Einsatz der Elektroneuralbehandlung indiziert. Grundsätzlich sollten zunächst Widerstände gemessen werden, danach gegebenenfalls eine Therapie eingeleitet werden. 

 

Phytotherapeutische Behandlung 

Die Behandlung mit pflanzlichen Wirkstoffen erscheint unter anderem sinnvoll bei Erkrankungen an Gallensteinen mit Präparaten, die Schöllkraut enthalten. Bei bekanntem Steinleiden mit Cholesterinsteinen, Behandlungsversuch mit Gallenstein-Kapseln (Evers) und Schöllkrautsaft oder Dragees. Mariendistelfrüchte wirken unter anderem entgiftend, sie dienen der Anregung der Leberzellregeneration. Präparate aus Schafgarbenkraut wirken den Gallefluss verbessernd, entzündungshemmend und krampflösend. Kümmel-Präparate fördern die Fettverdauung, wirken entblähend und entlasten so die Leber. Kamillenblütenpräparate entfalten unter anderem eine krampflösende, entzündungshemmende, bakterien- und pilztötende Wirkung. 

 

Homöopathische Behandlungsstrategien 

Die homöopathische Behandlung im Rahmen von Lebererkrankungen erscheint sehr vielfältig, wobei man generell eine konstitutionelle Behandlung anstreben sollte. Bewährt haben sich zur Behandlung einer Gallenblasenentzündung mit Schmerzen im Bereich des rechten Oberbauches Bryonia D3, D4, D6, bei Schmerzen unterhalb des rechten Schulterblattes Chelidonium D2, D3, D4. Klagt der Patient über Völlegefühl nach dem Essen, berichtet er über Unverträglichkeiten von Hülsenfrüchten, Kohl, Milch und Obst, erscheint ein Therapieversuch mit China D2, D3 und D4 sinnvoll. Zur Vermeidung einer Steinbildung kann versuchsweise Cholesterinum D6 eingesetzt werden. Bei stark ausgeprägtem nächtlichem Meteorismus (Blähungen) und Schmerzangabe der rechten Körperseite in Kombination mit Übelkeit und Aufstoßen empfiehlt sich Mandragora e radice D3, D4, D6, D12. Bei heftig stechender Leber, hartem aufgetriebenem Bauch, Ikterus (Gelbsucht) dürfte ein Behandlungsversuch mit Mercurius dulcis D8 und D 12 gerechtfertigt sein. Bei krampfartigen Leibschmerzen mit berührungsempfindlicher Lebergegend könnte ein Einsatz von Podophyllum D3, D4, D6 erwogen werden. 

Die genannte homöopathische Behandlung sollte nur als grobe Richtlinie gewertet werden, wobei die individuelle Therapie anhand der Anamneseerhebung sowie des klinisch körperlichen Untersuchungsbefundes spezifisch festgelegt werden sollte. 

 

 

Autoren: 

Dr. med. Bernd Döring, geboren in Schotten, Studium der Medizin in Gießen, ist Facharzt für Innere Medizin. Seit 1995 ist er Oberarzt eines überregionalen Krankenhauses für Ganzheitsmedizin in Nordhessen. 

Dr. med. Thomas Heintze, geboren in Duisburg-Rheinhausen, Studium der Medizin, Psychologie und Philosophie in Düsseldorf. Facharzt für Innere Medizin, Naturheilverfahren und Homöopathie. Seit 1989 Chefarzt eines überregionalen Krankenhauses für Ganzheitsmedizin in Nordhessen. Mitglied des wissenschaftlichen Beirates des EG-Projektes GUKIS (Gesundheitserziehung und Krebsprävention in Schulen). 

 

Entnommen aus dem „Naturarzt“ April 1997 

 

Weiterführende Literatur: 

Bruker, M. 0.: Leber-, Galle-, Magen-, Darm- und Bauchspeicheldrüsenerkrankungen
Leibold, G.: Leber- und Galleleiden, Ursachen, Symptome, erfolgreiche Naturheilverfahren 

Bestimmt wurden bei Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, schon einmal Blutwerte untersucht. Sie konnten jedoch damit nicht viel anfangen, da Ihnen weder bekannt war, was sich hinter diesen Werten verbirgt beziehungsweise worauf Abweichungen der Parameter hindeuten. Mit diesem Artikel wollen wir Ihnen Informationen zu gängigen Leberparametern geben. Wir möchten dies in der Zukunft auch für andere Organe tun denn nur die informierte Patientin, der informierte Patient können Partner des Therapeuten sein. „Der Naturarzt“ möchte aktiv hierzu beitragen. 

 

Gamma-GT 

Normalwert: Männer bis 28 U/l (englisch „units per liter“ = Einheiten pro Liter), Frauen bis 20 U/l. 

Vor dem Hintergrund der Kostendämpfung im Gesundheitswesen wird Ihr Hausarzt im Rahmen routinemäßiger Blutuntersuchungen unter Umständen nur noch einen einzigen Leberblutwert untersuchen, die Gamma-GT (Gammaglutamyltransferase, abgekürzt GGT). Er ist der „allgemeinste“ Leberwert, der häufig am raschesten Steigerungstendenzen bei Leberbelastungen aufzeigt. Der Wert ist typischerweise erhöht bei Überlastung der Leber mit Alkohol beziehungsweise Zufuhr bestimmter Medikamente (zum Beispiel Antiepileptika, zahlreiche Bluthochdruckmittel). 

Da der Wert unspezifisch ist, steigt er bei zahlreichen Erkrankungen. Besonders starke Anstiege der GGT sprechen für eine Leberstauung. Um nähere Differenzierungen zu ermöglichen, sind weitere Leberparameter in vielen Fällen erforderlich. 

 

Transaminasen 

Normalwert: GOT bis 18 U/l, GPT bis 22 U/l. 

Eine Erhöhung der Transaminasen kann auf folgende Erkrankungen hindeuten: Lebererkrankungen wie zum Beispiel akute Hepatitis (entzündliche Gelbsucht), chronische Gelbsucht, begleitende Leberentzündungen (zum Beispiel im Rahmen eines Virusinfektes), Leberzirrhose (bindegewebige Degeneration der Leber), Gallenstauung, Lebervergiftung, Leberstauung (zum Beispiel durch eine Herzschwäche), Leberabszess oder Lebertumor beziehungsweise Lebermetastasen. 

Ist die GOT deutlich höher als die GPT, kann dies auf einen Herzinfarkt hindeuten. 

 

Bilirubin 

Normalwert: bis 1,0 mg% (Milligrammprozent). 

Es handelt sich um ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin. Dieses wird in der Leber konjugiert (enzymatisch umgesetzt) und über das Gallensystem ausgeschieden. 

Das üblicherweise bei Blutuntersuchungen gemessene Gesamtbilirubin kann, wo nötig, differenziert werden in indirektes Bilirubin und direktes Bilirubin. Ersteres hängt unmittelbar mit dem Abbau des roten Blutfarbstoffes zusammen. Sein Anstieg deutet auf Störungen des Blutabbaus hin und auf Überlastungen der diesbezüglichen Leberfunktion. 

Das direkte Bilirubin korreliert vor allem mit der Gallenausscheidung. Steigt es deutlich an, deutet dies in der Regel auf Verschlüsse im Bereich der Gallenwege hin. 

Typische Ursachen für Bilirubinanstieg: Hepatitis (Leberentzündung), Leberzirrhose, Lebervergiftung, zum Beispiel durch Medikamente, Alkohol, Schwäche der rechten Herzkammer mit folgender Leberstauung, Gallengangsverschluß, Metastasenleber. Bei den genannten Formen der Bilirubinerhöhung ist vor allem das direkte Bilirubin erhöht. 

Indirektes Bilirubin findet sich vor allem erhöht bei: hämolytischer Anämie (verstärkter Blutzerfall), verschiedenen sonstigen Bluterkrankungen, chronischen Lebererkrankungen. 

Vor allem bei jüngeren Menschen beobachtet man häufiger ein Syndrom mit der Bezeichnung Morbus Meulengracht. Es handelt sich dabei um eine leichte Erhöhung des Bilirubinwertes (betroffen ist vor allem das indirekte Bilirubin), ohne dass sich Auffälligkeiten anderer Leberwerte ergeben. Auch Leberpunktionen sind unauffällig. Die Patienten sind in Ihrem Befinden nicht nachhaltig beeinträchtigt. Meistens handelt es sich um schlanke, eher aktive Menschen, die dieses Meulengracht-Syndrom aufweisen. 

Eine spezifische Therapie ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht erforderlich. Naturheilkundlich würde man jedoch dazu raten, die Leber durch ein Übermaß an Alkohol und so weiter nicht unnötig zu belasten. 

 

Cholinesterase 

Normalwert: 1900 bis 3800 U/l. 

Dieser Wert wird im Rahmen von routinemäßigen Blutbildern nur selten bestimmt. Wichtig ist er vor allem, wenn es um die Aufdeckung chronischer Leberbelastungen geht. Es handelt sich um ein Enzym, das vor allem bei fortgeschrittenen Lebererkrankungen nicht mehr ausreichend synthetisiert werden kann. 

Erniedrigte Werte deuten auf folgende Erkrankungen hin: fortgeschrittene Leberentzündung (zum Beispiel Hepatitis B, Hepatitis C), Leberzirrhose (beachten Sie: schwere Lebererkrankungen – zum Beispiel die Leberzirrhose können auch zu einem Abfall der Blutgerinnungsfaktoren führen; dies stellt ein prognostisch ungünstiges Zeichen dar), schwere Stauungsleber (bei Rechtsherzschwäche), Zytostatikabelastung, lnsektizidvergiftungen, Ovulationshemmer, chronische Infekte und Tumore, bestimmte seltene Muskelerkrankungen. 

Erhöhte Werte der Cholinesterase finden sich bei: Fettleber, bestimmten Formen von Nierenerkrankungen. 

 

Eiweiß 

Normalwert: 6,6 bis 8,7 g/dl (Gramm pro Deziliter). 

Die Höhe des Eiweißspiegels im Blut ist abhängig von den Faktoren Ernährung, Synthese der Eiweiße – vor allem in der Leber – sowie dem Eiweißverlust über die Nieren beziehungsweise den Darm. 

Die Bestimmung des Gesamteiweißes beziehungsweise die Auftrennung der einzelnen Unterfraktionen kann wertvolle Hinweise auf chronische oder akute Erkrankungen liefern. Diese Auftrennung heißt Elektrophorese.
Erniedrigtes Gesamteiweiß findet sich vor allem bei: ungenügender Eiweiß-Zufuhr und chronischer Unterernährung, Anorexie, Ernährung über Infusion (im Krankenhaus), gestörte Eiweißresorption aus dem Verdauungstrakt, fortgeschrittene Leberzirrhose, chronische Nierenerkrankung mit erhöhter Durchlässigkeit des Nierengewebes, Colitis ulcerosa, schwere ausgedehnte Hauterkrankungen, wie zum Beispiel Ekzeme, Verbrennungen, Blutverlust, Tumorerkrankungen, schwere, anhaltende Infekte, schwere Schilddrüsenerkrankungen. 

Erhöhte Werte finden sich vor allem bei: „bösartigen“ Erkrankungen wie zum Beispiel dem Plasmozytom, einer Knochenmarkserkrankung. 

Von Seiten der Eiweißunterfraktionen unterscheiden wir die 

 

Albumine 

Erniedrigt bei schweren Lebererkrankungen, Eiweißverlust über Darm oder Niere, relativ erhöht bei Austrocknung, mangelhafter Synthese von Globulineiweißen. 

 

Alpha-1- und Alpha-2-Globuline 

Erniedrigt bei chronischen Lebererkrankungen, erhöht bei akuten und entzündlichen Prozessen, zum Beispiel auch bei rheumatischem Fieber, Herzinfarkt, Tumoren, nephrotischem Syndrom (schwere chronische Nierenerkrankung). 

 

Beta-Globuline 

Erniedrigt bei chronischen Lebererkrankungen, Antikörpermangel, erhöht bei Knochenmarkserkrankungen, Nierenerkrankungen, Eisenmangel, Tumoren. 

 

Gamma-Globuline 

Erniedrigt bei Antikörpermangel, verschiedenen Lymphkrebsen, vermehrtem lmrnunglobulinverlust, zum Beispiel bei Nierenerkrankungen oder Darmerkrankungen. 

 

Die Hauptaufgaben der Leber 

– Gallenproduktion,
– Kohlenhydrat-Speicherung,
– Ketonkörper-Bildung (können unter bestimmten Bedingungen als Energiequelle dienen),
– wichtige Umsetzungen im Fettstoffwechsel,
– Umsetzung und Verstoffwechselung von Nebennieren- und Keimdrüsenhormonen,
– Herstellung der Blutgerinnungsfaktoren,
– Synthese von Plasmaproteinen,
– Herstellung der Immunglobuline,
– Harnstoff-Bildung,
– Entgiftung von Medikamenten und Toxinen, Alkohol. 

 

Erhöht bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, einschließlich sogenannter Kollagenosen wie Lupus erythematodes, Tumoren, Morbus Boeck (durch die Krätzmilbe hervorgerufene Hautkrankheit mit schweren borkigen Hautveränderungen), Erweiterung der Bronchien (Bronchiektasen), Leberzirrhose und verschiedenen Knochenmarkserkrankungen. 

 

Alkalische Phosphatase (AP) 

Normalwert: 30 bis 115 U/l. 

Die Höhe des Serumspiegels hängt von der Enzymproduktion, vor allem in den knochenaufbauenden Zellen, den Osteoblasten, und der Enzymausscheidung über Leber und Galle ab. 

Die alkalische Phosphatase erlaubt Aussagen über die Leber-Gallen-Funktion und den Knochenstoffwechsel. Bei unklaren Befunden ist es mit Hilfe der alkalischen Phosphatase allein nicht möglich, zwischen einer knochenbedingten und einer leberbedingten Störung zu unterscheiden. Hier ist dann die Bestimmung weiterer Hilfsenzyme erforderlich, insbesondere der LAP (Leucin-Amino-Peptidase). Ist sie neben der AP erhöht, spricht dies für eine gallenbedingte Störung. 

Ansonsten gilt für die alkalische Phosphatase: erniedrigt bei Schilddrüsenunterfunktion, Vitamin-C-Mangel, erhöht bei (knochenbedingt) Überfunktion der Nebenschilddrüse, Rachitis (Knochenerweichung), Morbus Paget (Knochenkrankheit mit Störungen bei der Bildung und beim Abbau von Knochen), Knochentumoren, Morbus Boeck und Medikamenteneinnahme (zum Beispiel bei antiepileptischer Therapie). 

Außerdem erhöhte Stauungen der Gallengänge (leberbedingt) und bei Nierentumoren (tumorbedingt). Erhöht bei Nierentumoren (tumorbedingt). 

Autor  

Dr. Rainer Matejka 

Entnommen aus dem „Naturarzt“ April 1997 

Weiterführende Literatur: 

Ganong, W.: Lehrbuch der medizinischen Physiologie
Müller, F; Seifert, 0.: Taschenbuch der medizinisch-klinischen Diagnostik
Siegenthaler, W.: Differentialdiagnose innerer Erkrankungen 

Auch Leber und Galle können von Autoimmunerkrankungen betroffen sein, in deren Verlauf das Immunsystem eigenes Gewebe angreift. Erkennt man diese seltenen Erkrankungen rechtzeitig, kann das Autoimmungeschehen mit entsprechenden Medikamenten und pflanzlicher Unterstützung erfolgreich ausgebremst werden. 

Sandra S. (34) war mit ihrem Leben eigentlich zufrieden, auch ihr Job machte ihr Spaß. Wenn nur nicht diese Müdigkeit gewesen wäre! Seit Monaten war ihr Antrieb immer geringer geworden. Sie schleppte sich morgens zur Arbeit und sehnte den Feierabend herbei. Sie selbst hatte schon den Verdacht auf einen Burnout, obwohl es dafür gar keinen Anlass gab – im Job anerkannt, bewältigte sie ihre Aufgaben problemlos, sie hatte gute Kollegen und zuverlässige Freunde. Von deren Seite war sogar schon der Verdacht auf eine Depression geäußert worden, da sie sich immer mehr isolierte. 

Schließlich suchte sie ihren Hausarzt auf, der erst einmal eine Blutuntersuchung veranlasste. Eine Blutarmut oder eine Schilddrüsenunterfunktion konnten dabei ausgeschlossen werden. Dem Arzt fielen aber deutlich erhöhte Leberwerte auf, wobei Gamma-GT sowie alkalische Phosphatase (Enzyme, die auf Leber- und Gallenschäden hinweisen) besonders hoch waren, obwohl die junge Frau nur wenig Alkohol trank. 

Nachdem ein Test auf Hepatitis-Viren negativ gewesen war, wurde Frau S. zum Spezialisten überwiesen. Dieser hatte recht schnell den Verdacht, dass die junge Frau an einer Autoimmunerkrankung (auto = gnech selbst) von Leber oder Galle leiden könne. Bei diesen Erkrankungen greift das eigene Immunsystem bestimmte Strukturen von Leber oder Galle an. Anders als bekannte Autoimmunerkrankungen wie Rheuma, Asthma oder Neurodermitis, kommen solche von Leber und Galle nur selten vor. Wichtig ist, dass man daran denkt, wenn entsprechende Leberwerterhöhungen auftreten, die eigentlich zu einer Entzündung passen, für die es aber keine Erklärung (z. B. im Sinne eines Virennachweises für eine Virushepatitis) gibt. 

Neben der sogenannten Autoimmunhepatitis gibt es noch ein als primär sklerosierende Cholangitis (PSC) bezeichnetes Krankheitsbild. Es handelt sich um eine chronische Entzündung der Gallengänge, die sich nur über den Nachweis bestimmter Antikörper entdecken lässt. Die dritte der seltenen Autoimmunerkrankungen von Leber und Galle ist die primäre biliäre Zirrhose (PBC), die zunächst an den kleinen Gallengängen beginnt und langfristig in einer Leberzirrhose (fortschreitende Vernarbung und Funktionsverlust des Organs) enden kann. 

Schulmedizinisch behandelt man eine Autoimmunhepatitis mit Kortison und/oder weiteren Medikamenten, die die Immunabwehr unterdrücken. Unbehandelt geht die Erkrankung in eine Leberzirrhose über, letztlich bleibt dann nur die Lebertransplantation. Das wichtigste Medikament zur Behandlung von PSC und PBC ist die Ursodeoxycholsäure, eine naturidentische Gallensäure. Sie führte zu einer Absenkung der Leberwerte und bremst das Fortschreiten dieser Erkrankungen deutlich ab. 

Mit der Ursodeoxycholsäure haben wir eine natürliche Substanz zur Verfügung, die gewissermaßen Schulmedizin und Naturheilkunde zugleich ist. Ich beobachte aber häufig, dass sie unterdosiert eingesetzt wird. Es sollten mindestens 10 mg pro kg Körpergewicht eingenommen werden, mitunter sogar 15 oder 20 mg. Falls Sie diese Gallensäure bereits einnehmen, rechnen Sie doch einmal nach, ob die Dosis bei Ihnen stimmt. Wenn Sie 70 kg wiegen, sollten also 750 mg, eventuell auch 1000 oder sogar bis zu 1500 mg eingenommen werden. 

 

Selbstverständlich achtet man bei den Autoimmunerkrankungen von Leber und Galle  darauf, alle weiteren Leberschädigungen zu unterlassen. Auch wenn Alkohol nicht ursächlich beteiligt ist, sollte der Konsum möglichst niedrig gehalten werden – ohne Hinweise auf eine eingetretene Zirrhose vielleicht ein Drink pro Woche, bei bereits eingetretener Zirrhose ist selbst diese Menge noch zu viel. Auch Rauchen schädigt die Leber und beschleunigt die Entwicklung einer Zirrhose, verzichten Sie deshalb darauf! Lediglich Kaffee ist erlaubt, da er nach heutigen Erkenntnissen möglicherweise sogar die Leber etwas schützen kann. 

Bei entzündlichen Lebererkrankungen kann die Entzündungsneigung mit einem hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren langfristig moderat gesenkt werden. Auf zwei Gramm Omega-3-Fettsäuren (ab dieser Menge beginnt erst die Entzündungshemmung)  kommen Sie, wenn Sie eine gute Portion fetten Seefisch essen. Die folgende Übersicht zeigt entsprechende Mengen an 

100 g Hering 

150 g Thunfisch 

250 g Lachs 

300 g Makrele 

800 g Aal 

1400 g Forelle 

3000 g Kabeljau 

15 Fischölkapseln (½ g) 

1 EL Fischöl 

Noch besser fährt man, wenn im Blut das Verhältnis zwischen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren gemessen wird, wobei ein Quotient von unter 2,5 angestrebt werden sollte, um die chronische Entzündung in Schach zu halten. Leider führen bisher nur wenige Ärzte diese Untersuchung durch. 

Bei allen Lebererkrankungen, die mit Entzündungen zu tun haben, gilt eine hohe Zufuhr von Antioxidanzien sozusagen als „erste Leberpflicht“ . Pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Salat und Obst sind unsere wichtigsten Quellen. Zum einen enthalten sie Vitamine mit antioxidativer Wirkung, z. B. Vitamine C, E und Karotinoide. Mindestens genauso wichtig sind aber auch die sekundären Pflanzeninhaltsstoffe in Kräutern, Gewürzen, Früchten und Gemüse. Beispiele für „Antioxidanzien-Bomben“: 

Lycopin aus der Tomate (und allen Tomatenprodukten) 

Flavonoide aus dem Kakao (und der Schokolade – nehmen Sie die 70- oder 85-prozentige! ) 

Anthocyane aus den Weintrauben (nicht nur der Rotwein enthält sie) 

Katechine aus dem Grüntee 

Polyphenole aus dem Granatapfel 

Curcumin aus Kurkuma und Curry 

Gingerol aus dem Ingwer 

Bitterstoffe regen die Verdauungssäfte, Fettverdauung und die Darmtätigkeit an. Sie fördern die Erholung nach Krankheiten oder bei chronischen Leiden und können daher der Schwäche entgegenwirken, unter der viele chronische Leberpatienten leiden. Die Leber liebt das Bittere! Besonders die Galleproduktion nimmt stark zu, wodurch Schadstoffe aus der Leber entfernt werden. Darüber hinaus wirken Bitterstoffe appetitanregend, was bei einer chronischen Hepatitis oder bei der Leberzirrhose mit Unterernährung günstig sein kann. 

Zu den bitteren Salaten zählen beispielsweise Löwenzahn, Radicchio, Endivien oder Chicorée. Bauen Sie solche Lebensmittel reichlich in Ihren Speiseplan ein und beginnen Sie die Mahlzeit am besten mit dem bitteren Salat. Sie können den herben Geschmack mit Saucen oder Dips verfeinern. 

Gewürze und Kräuter wohlschmeckend und gesund 

Seit Jahrhunderten sind Menschen bereit, für Gewürze ein Vermögen auszugeben. Das ist wörtlich zu verstehen, denn es gab Zeiten, da wurden Pfeffer, Zimt oder Muskatnuss tatsächlich mit Gold aufgewogen. Dank der Globalisierung sind mittlerweile nahezu alle Gewürze auch aus den entferntesten Regionen der Welt zu erschwinglichen Preisen verfügbar.  

Viele Gewürze und Kräuter verbessern darüber hinaus auch noch die Verdauung – besonders bei schwerverdaulichen, fetten Speisen. Günstige Gewürze sind beispielsweise Ingwer, Basilikum, Rosmarin, Thymian, Kurkuma, Liebstöckel, Galgant, Anis, Kümmel, Koriander und Fenchel. Würzen Sie, was das Zeug hält! Ihre Leber wird es Ihnen danken. 

Ich möchte an dieser Stelle vor allem Kurkuma, die Javanische Gelbwurz, herausheben. Wenn Sie Kurkuma bzw. Curry, dessen Hauptbestandteil Kurkuma ist, mögen, dann würzen Sie möglichst viele Speisen damit. Achtung: Dabei bitte die Verträglichkeit beachten, das Gewürz regt nämlich nicht nur die Leber, sondern auch den Magen an und kann daher im Übermaß auch einmal auf selbigen schlagen. Bei allen entzündlichen Lebererkrankungen sollte man mindestens ein pflanzliches Heilmittel  einsetzen – am besten ein Artischocken- oder Kurkumapräparat, bei Hinweisen auf Fibrosierung (bindegewebiger Umbau der Leber) auch ein Mariendistelpräparat. 

Mit diesen Maßnahmen kann keine Heilung dieser Autoimmunerkrankungen versprochen, aber zumindest ein Abbremsen des Fortschreitens in Aussicht gestellt werden. Bei der Schwere der Konsequenzen (Leberzirrhose, Lebertransplantation, Leberversagen) sollten Sie nach jedem (sinnvollen!) Strohhalm greifen und alles vertretbare tun, um die Krankheit aufzuhalten. Mit einer Kombination aus konventioneller Medizin und den hier aufgeführten naturheilkundlichen Maßnahmen dies durchaus möglich. 

Bei Sandra S. veranlasste der Leberspezialist eine Sonographie (Ultraschalluntersuchung) des Organs sowie weitere Blutuntersuchungen. Anhand des Antikörpermusters ergab sich der Verdacht auf eine PBC, eine primär biliäre Zirrhose. Die Diagnose Zirrhose erschreckte Sandra  zutiefst. Sie war eine junge Frau, hatte nie viel Alkohol getrunken und gesund gelebt – ausgerechnet sie sollte eine Leberzirrhose haben? Glücklicherweise hatte sie einen verständnisvollen Arzt, der sie behutsam und mit genügend Zeit über Ursachen und Prognose der Erkrankung aufklärte – was im hektischen Medizinbetrieb eher die Ausnahme, denn die Regel darstellt. Sie hatte eine Autoimmunerkrankung wie Rheuma, Asthma oder Neurodermitis, für die sie nichts konnte. Die Prognose der Erkrankung gilt als ausgesprochen gut, wenn es mit Hilfe der Medikamente gelingt, die Entzündung in Schach zu halten. In den meisten Fällen kann die Krankheit soweit  abgebremst werden, dass die Lebenserwartung praktisch nicht eingeschränkt ist. 

Sandra S. nahm vertrauensvoll die verschriebenen Medikamente ein, worunter die Leberwerte innerhalb von Wochen deutlich besser wurden. Als mündige Patientin will sie aber auch noch mehr tun. Sie erkundigt sich im Internet und in Büchern über Autoimmunerkrankungen im Allgemeinen und PBC im Besonderen. Als sie erfährt, dass Autoimmunerkrankungen mit unserer westlichen Lebensweise zu tun haben, stellt sie ihre Ernährung deutlich um (weniger Fleisch, mehr Fisch, viele Kräuter, Salat und Obst) und nimmt ein pflanzliches Lebermittel (Artischockenextrakt) sowie täglich einen Esslöffel Fischöl ein. Sie hofft, damit die Leberwerte und die Prognose noch weiter verbessern zu können. 

 

 

Autor 

Dr. med. Volker Schmiedel, Jahrgang 1958, Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin mit den Zusatzbezeichnungen Naturheilverfahren und Homöopathie 

Artikel entnommen dem „Naturarzt“ Ausgabe 09/2016 

 

Weiterführende Literatur 

  1. Schmiedel: Natürlich Fisch! Was Sie über Omega-3-Fettsäuren wirklich wissen müssen, Trias, Stuttgart 2015
  2. Schmiedel: Hausputz für Leber & Galle, Trias, Stuttgart 2012
  3. Schmiedel: Quickstart Nährstofftherapie, Hippokrates, Stuttgart 2010