Zum Angebot des Vereines am Sitz der DNB-Bundesgeschäftsstelle im Schloss Bauschlott gehören unter anderem fortlaufende Kursangebote wie Trampolin-Training, Qi Gong und drei Yoga-Kurse. Yoga-Lehrerin Sandra May bietet nun zusätzlich seit März 2023 Yoga für Menschen mit Krebsdiagnose an. Was es damit auf sich hat, erklärt sie im nachstehenden Text.

Yoga und Krebs
Seit 2021 ist Yoga in den deutschen Behandlungsleitlinien verankert und gewinnt als komplementärmedizinisches Verfahren in der Krebstherapie immer mehr an Bedeutung. Warum bringt die ganzheitliche Betrachtung von Körper und Geist in dieser schwierigen Lebensphase so viel? Statistisch gesehen ist laut Robert-Koch-Institut jeder Zweite in seinem Leben von einer Krebserkrankung betroffen. Und keine Frage, es ist eine bedrohliche Erkrankung, auch wenn dank moderner Therapien und integrativer Ansätze die Heilungschancen immer besser werden. Die meisten Menschen überwinden heute ihre Krebserkrankung!

Von der „Ohn-Macht“ zur „OM-Macht“!
Eine Krebsdiagnose macht zunächst im wahrsten Sinne des Wortes “ohn-mächtig”. Zukunftsängste, enge Therapiepläne und die Notwendigkeit, inmitten der größten Verunsicherung, weitreichende Entscheidungen zu treffen, lassen uns zunächst erstarren. Wir fühlen uns fremdgesteuert, haben das Gefühl, die Fäden unseres Lebens nicht mehr selbst in der Hand zu haben. Wir spüren die Nebenwirkungen von Therapien, den Verlust der physischen Kraft, haben das Gefühl, dass sich unsere ganze Welt verändert und wir nichts dagegen tun können. Am liebsten möchten wir wegschauen. Aber gerade jetzt lohnt es sich, ganz genau hinzusehen.

Empowerment: Sorge gut für dich
Angesichts all dieser Schwierigkeiten steht eins an oberster Stelle: gut für sich selbst zu sorgen. Yoga kann der Weg sein, selbst aktiv dazu beizutragen, dass es uns besser geht. Gut für sich selbst zu sorgen, setzt voraus, dass ich weiß, was ich gerade brauche und was mir guttut. Das hört sich einfach an, ist es aber nicht. Job, Familie und ein prall gefüllter Terminkalender, lassen uns nur wenig Raum zu spüren, was wir gerade wirklich brauchen. Durch Yoga und Meditation lernen wir, die Aufmerksamkeit wieder mehr vom Außen ins Innen zu lenken. Während oder nach einer Krebserkrankung kann dies bedeuten, bewusst wahrzunehmen, wie es mir gerade geht. Wie fühlt sich der Körper heute an? Habe ich viel oder wenig Energie? Habe ich Angst oder Schmerzen? Was brauche ich heute? Der Ansatz in den Yoga und Krebs-Stunden ist dabei stets positiv. Das bedeutet nicht, dass alles gut ist. Es bedeutet, die Situation, den Ist-Zustand, so anzunehmen, wie er gerade ist, mit allem, was da ist.

Und Yoga kann noch mehr:
Eine Vielzahl von Studien konnte zeigen, dass typische Nebenwirkungen der Krebstherapien mit Yoga effektiv gelindert werden können, darunter Lymphödeme, Schmerzen, Neuropathien, Ängste, Depressionssymptome und Schlafstörungen. Die American Cancer Society fasste 2019 eine Reihe von zufälligen Kontrollstudien zusammen. Die Ergebnisse waren verblüffend:
Yoga hat die Lebensqualität der Krebspatienten sowohl während als auch nach den Therapien positiv beeinflusst.

Das Gute
Yoga geht immer. Sogar wenn während der akuten Behandlungsphase keine Asana-Praxis möglich ist, können wir mit energetischen Übungen und sanftem Pranayama das vegetative Nervensystem positiv beeinflussen, neue Kraft schöpfen und unser Prana – die Lebensenergie – wieder zum Fließen bringen. Du bist selbst betroffen oder Angehöriger eines/er Betroffenen und möchtest mehr erfahren oder hast Interesse an einem Yoga und Krebs Kurs, dann findest du weitere Infos hier:
Sandra May, Yoga und Krebs Yogalehrerin
www.yoga-und-krebs-enzkreis.de
www.yoga-und-krebs.de

 

Mal kurz hören, wie andere Mütter es schaffen, einen Kinderarzt zu finden, der naturheilkundlich behandelt. Oder Antwort auf die Frage „Wie ging nochmal gleich der Pulswickel und hat schon jemand Erfahrung damit gemacht?“ bekommen. Von einer neuen „Wunderpflanze“ gelesen und doch erst mal von anderen hören, ob sie wirklich jemandem geholfen hat oder einfach nur viel Geld kostet? Nach langem Suchen endlich die Lösung für ein gesundheitliches Problem gefunden und den Rat gerne weitergeben? Oder einfach mal eine Frage ins Forum stellen, was anderen in einer ähnlichen Situation geholfen hat? Mit all‘ diesen Anliegen seid ihr bei uns richtig! In unserer neuen digitalen Gemeinschaft treffen sich Gleichgesinnte, Interessierte, Suchende, Laien wie Therapeuten, Einzelpersonen und Gruppen oder Vereine. Es ist möglich, die digitale Gemeinschaft beim DNB – unsere neue Homepage ist der Treffpunkt für alle Naturbegeisterten, ob Laien oder Experten. Beiträge zu erstellen und damit Wissen und Informationen weiterzugeben, Diskussionen anzuregen oder in einem Forum ein Thema umfänglich und zur Bereicherung für alle aufzuarbeiten. Sich digital austauschen und persönlich treffen? Auch das ist möglich.

Regionale Gruppen und Vereine nutzen unsere Plattform, um Gleichgesinnte zu erreichen und Veranstaltungen anzukündigen oder zu bewerben. Therapeuten können Rat geben und/oder Termine vor Ort anbieten. Neue Kontakte und Verbindungen entstehen – Networking im besten Sinne! Offen für alle und doch eine geschützte Community, denn die DNB-Webseite wird NICHT von Facebook und Google ausgelesen und grenzt sich klar davon ab. Und es gibt noch einen weiteren großen Unterschied zu anderen großen Online-Communities: Wir sind für euch erreichbar und wir sind persönlich für euch da! Nicht rund um die Uhr, das werden wir nicht schaffen. Doch wann immer möglich, wird ein DNB-Teammitglied live online zugeschalten sein und zur Verfügung stehen. Jede Frage wird zeitnah beantwortet, jeder Kommentar ist wichtig. Ein hohes Ziel? Ja, sicher! Doch das ist „es“ uns wert. Es? Der Mensch. Die Gesundheit mit Hilfe der Natur-Heilkunde. Und heute eben auch mittels Digitaler Medien. Wir laden euch herzlich ein, dabei zu sein!

Sabine Neff, DNB Bundesgeschäftsführerin

Gesundheitsvermittlung im Wandel der Zeiten

Im Laufe des vergangenen Jahres haben wir fünf Vereine durch Auflösung verloren und der Trend setzt sich auch in diesem Jahr fort. Dabei liegt es nicht an den Inhalten, die wir vermitteln: Die Naturheilkunde ist hoch aktuell und wichtiger denn je. Und auch das Interesse der Menschen daran ist vorhanden. Aber das „herkömmliche“ Vereinsmodell scheint (an den meisten Orten) nicht mehr zu funktionieren. Diesen Wandel merken nicht nur die Naturheilvereine, anderen Vereinen – gleichgültig ob im Bereich Sport, Musik oder Natur – geht es ebenso. Eine Bindung in Form einer Mitgliedschaft einzugehen, die nur zum nächsten Jahresende kündbar ist und womöglich noch aktive Mitarbeit gewünscht wird, scheint unattraktiv – und erst recht, ein Amt zu bekleiden, indem man auch noch (bei groben Fehlern) privat haftbar ist. So finden ausscheidende Vorstandmitglieder keine Nachfolger. Hinzu kommt, dass die jüngere Generation vorrangig andere Informationsquellen für Fragen zur Gesundheit nutzt als monatlich erscheinende Fachmagazine und einzelne Präsenzveranstaltungen: „Wenn mir jetzt etwas weh tut, will ich jetzt wissen was ich tun kann!“ – Also wird „Doktor google“ um Rat gefragt. – Doch der hat oft millionenfache, unter Umständen vollkommen unterschiedliche Antworten parat und so manches Mal steckt nur ein Produkt dahinter, dass gekauft werden soll. Unser Anspruch ist ein ganz anderer als der dieser Plattformen: Seit nunmehr 134 Jahren ist es das Anliegen des Naturheilbundes und der Naturheilvereine, den Menschen ehrliche, bewährte Gesundheitsinformationen, Therapien und Anleitung zum ‚gesund bleiben‘ oder ‚gesund werden‘ mit Hilfe der Natur zu geben. Das Ziel ist nun kein geringeres, als sich auf die veränderten Bedürfnisse einzustellen und die Menschen über neue Wege -auch digital- zu erreichen und trotzdem so viel menschliche Nähe und direkten Kontakt/Austausch wie möglich zu erhalten. Verbands- und Vereinsstrukturen müssen dem Bedarf der Menschen angepasst werden. Wir machen uns viele Gedanken darüber, wie wir diesen Zeitenwandel gestalten können: So haben wir im Frühjahr 2022 in unserer hybriden Jahrestagung mithilfe einer Moderatorin das Thema „Der Naturheilverein im Wandel der Zeit“ bearbeitet und zusätzlich mittels einer Fragebogen-Aktion alle Vereine nach ihren Erfahrungen, Wünschen und Vorstellungen befragt. Seit gut einem halben Jahr arbeiten wir nun mit Profis in verschiedenen Bereichen zusammen, um eine neue Verbandsstruktur zu entwerfen, von der auch unsere Naturheilvereine und deren Mitglieder profitieren können. Auf der DNB-Jahrestagung im März ist es dann soweit: Wir werden den Delegierten der Naturheilvereine und allen interessierten Mitgliedern unser neues Verbandskonzept anhand eines neuen, digitalen Auftritts vorstellen. Auf diesem werden die registrierten User unter vielen anderen Leistungen ein breites Naturheilwissen und Therapeuten finden, sich in geschützten Foren austauschen können und sehen, was in ihrer Nähe an Veranstaltungen, Vereinsangeboten, Stammtischen präsent ist. Eine Aktualisierung der Serviceleistungen für die Mitglieder der Naturheilvereine steht in diesem Zuge ebenso an. Hierzu erarbeitet eine verbandsinterne Arbeitsgruppe derzeit Vorschläge, die dann der Bundesversammlung im März zur Diskussion vorgelegt werden und anschließend ggfls. ergänzt durch Vorschläge der Delegierten beschlossen werden.
Sabine Neff, DNB Bundesgeschäftsführerin

Warum hat die Naturheilkunde eine günstige Zukunft?

In den letzten 40 Jahren hatte die Naturheilkunde infolge vielfältiger gesundheitspolitischer Einflüsse in Deutschland einen schweren Stand. Die folgenden Ausführungen stellen die Entwicklung aus meiner Sicht und sehr verkürzt dar. Eine exakte historische Aufarbeitung vor allem der letzten zwanzig Jahre wäre sehr wünschenswert.

Die Entwicklung der verschiedenen Säulen der Naturheilkunde in der Bundesrepublik Deutschland

Nach der Teilung Deutschlands 1949 entwickelte sich das Gesundheitswesen der beiden deutschen Staaten sehr unterschiedlich. Die Bundesrepublik Deutschland war ab den 1950er Jahren die Apotheke der Welt, hier hatten damals mehrere große Pharmahersteller ihren Sitz. Der Contergan-Skandal gegen Ende der 1950er Jahre führte im Jahr 1965 zur Verabschiedung des ersten Arzneimittelgesetzes. Diese Gesetze sollen insbesondere dem Patientenschutz dienen und regeln unter anderen die Durchführung von klinischen Studien. Im Vergleich zu anderen Industrienationen wurden diese Gesetze in Bundesrepublik aber erst sehr spät entwickelt. Dadurch konnten hier noch in den 1980er Jahren Arzneimittelprüfungen ohne umfangreiche Auflagen durchgeführt werden, dies war in anderen Ländern längst nicht mehr möglich. Deshalb waren sie auch Schwerpunkt der medizinischen Forschung an den deutschen Universitätskliniken. Naturheilverfahren standen dagegen nicht im Fokus, da sie schon damals schlecht vergütet wurden und zudem Patentierungen kaum möglich waren.

Im Rahmen der zweiten Arzneimittelnovelle von 1976 wurden Phytopharmaka, Homöopathika und Arzneimittel der anthroposophischen Medizin in der Kategorie „Besondere Therapierichtungen“ zusammengefasst. Sie mussten im Gegensatz zu den chemisch definierten Arzneimitteln für ihre Nachzulassung keine Wirksamkeitsbelege in Form von klinischen Studien erbringen. Im Auftrag der deutschen Zulassungsbehörde, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, wurde aber das wissenschaftliche Erkenntnismaterial für die verschiedenen Arzneipflanzen systematisch in Form von Monographien zusammengestellt. Diese Arbeit wurde weltweit zum Vorbild für wissenschaftliche Monographien von Arzneipflanzen, u.a. für die Erstellung der Monographien der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ab 2004. Bis Anfang der 1990er Jahre verloren dagegen alle damals im Markt befindlichen Arzneimittelkombinationen aus chemisch definierten Substanzen und Arzneipflanzenextrakten ihre Zulassung, da sie die Auflage des Nachweises der Wirksamkeit in klinischen Studien nicht erfüllen konnten.

Die Bewegungstherapie stand in den Jahren seit ca. 1960 nicht besonders im Fokus. Gut erinnerlich sind mir Aktionen für die Bevölkerung wie Trimm-Dich-Pfade ab den späten 1970ern, später Laufsport einschließlich Joggen und Marathonlauf. An den Sporthochschulen befasste man sich vor allem mit Leistungssport, in der medizinischen Aus- und Weiterbildung wurde Bewegung als Komponente von Therapiekonzeptionen kaum thematisiert. In den Kurorten und –kliniken standen vor allem passive Verfahren wie Massagen im Fokus.

Immer weiter verschärfte Hygieneauflagen und schlechte Vergütung durch die Gesetzlichen Krankenversicherungen führten dazu, dass in den Akutkliniken die Abteilungen für Physikalische Therapie ab Ende der 1960er Jahre verkleinert oder sogar abgeschafft wurden. Betroffen waren insbesondere die Hydro- und Balneotherapie, die damit nur noch in den zumeist privat geführten Kurkliniken und in den Heilbädern und Kurorten als Heilmittel verwendet wurde und ansonsten der Selbstanwendung vorbehalten war.

Eine gesunde Ernährung spielte noch bis Anfang der 2000er Jahre bei der ärztlichen Aus- und Weiterbildung und im Akutkrankenhaus keine Rolle. Auch danach setzte man eher auf medikamentöse Therapien bei durch Fehl- oder Überernährung bedingten Erkrankungen als auf deren Prävention.(wie ist das heute? Ist (gesunde) Ernährung Lehrfach?)Vielmehr führte die seit den späten 1980er Jahren in den USA propagierte kohlenhydratreiche, fettarme Kost auch zu einem starken Anstieg der Adipositasrate in der deutschen Bevölkerung. Gesetzliche Krankenversicherungen übernahmen in der Regel die Kosten in spezialisierten, u.a. naturheilkundlich orientierten Kur- und Fastenkliniken nur bis 1990, bei der Ernährungsberatung wurden nur Programme im Sinne der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gegenfinanziert.

Die Entwicklung der Ordnungstherapie in dieser Zeit ist in ihrer Komplexizität kaum darstellbar. Noch bis Anfang der 2000er Jahre wurde in Akutkliniken einschließlich der Universitätskliniken nur selten eine psychologische Betreuung angeboten, auch Mind-Body-Medicine und Entspannungsverfahren wie autogenes Training oder progressive Relaxation, Yoga oder Qigong waren nicht etabliert. Gleichzeitig boomten im Rahmen der New-Age-Bewegung seit Ende der 1960er Jahre esoterische Angebote. Hier sind beispielsweise angeblich speziell aufbereitetes gesundheitsförderndes Trinkwasser, heilende (Halb-)edelsteine, teure pseudopsychologische Wochenendseminare sowie eine vielfältige Ratgeberliteratur zu nennen. Es war die Zeit des positiven Denkens, der Wunderheiler, Gurus und Sekten. Aus heutiger Sicht werden auch viele sozialpsychologische Untersuchungen, die bis Anfang der 2010er Jahre durchgeführt wurden und deren Ergebnisse bei vielen Lifecoaches bis heute populär sind, als wissenschaftlich zumindest umstritten angesehen.

Naturheilkunde in der DDR, Entwicklung des zweiten Gesundheitsmarktes

In der Deutschen Demokratischen Republik wurde die Abschaffung der Heilpraktiker, die bekanntlich 1939 gesetzlich fixiert worden war, unverändert fortgesetzt. Dagegen wurden die Ärzte für Physiotherapie etabliert, die allerdings nur über ein beschränktes, staatlich vorgegebenes Therapiespektrum verfügten, das sich vorwiegend auf die Physikalische Medizin erstreckte. Dieser Facharzt wurde nach der Wiedervereinigung Deutschlands abgeschafft und 1994 durch den fachlich wesentlich breiter aufgestellten Arzt für Physikalische Medizin und Rehabilitation ersetzt. Wegen der hohen Kosten der Wiedervereinigung wurden in dieser Zeit auch die gesetzlichen Grundlagen für eine weitreichende Veränderung Deutschlands im Sinne des Neoliberalismus gelegt, u.a. wurde die Privatisierung von vielen Bereichen der Grundversorgung der Bevölkerung einschließlich des Gesundheitswesens ermöglicht. Um Kosten einzusparen, fielen in dieser Zeit deshalb z. B. nahezu alle naturheilkundlichen und komplementärmedizinischen Therapien aus der Erstattungsfähigkeit durch die Gesetzlichen Krankenversicherungen heraus, das Schlusslicht dieser Entwicklung bildeten die Phytopharmaka im Jahr 2004. Das hohe Bedürfnis der Bevölkerung nach diesen nebenwirkungsarmen Therapieverfahren wurde in den sich ab Ende der 1990er Jahre allmählich sich entwickelnden, ökonomisch orientierten zweiten Gesundheitsmarkt, d.h. dem Selbstzahlermarkt, kanalisiert. Daraus resultierte ab den späten 1990er Jahren eine Blüte des Gesundheits- und Wellnesstourismus, wodurch die nach der Reha-Krise von 1996 darniederliegenden Heil- und Kurbäder allmählich wiederbelebt wurden. Hier wurden, oft ohne wahrnehmbare Qualitätssicherung, vor allem passive Verfahren aus der Naturheilkunde und außereuropäischen traditionellen Medizinsystemen, wie z. B. verschiedene Massageverfahren und Bäder ohne Indikationsbezug vermarktet.

Entwicklung des ersten Gesundheitsmarktes

Im von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gegenfinanzierten ersten Gesundheitsmarkt finden sich vor allem diejenigen Diagnostik- und Therapieverfahren, die wegen ihrer Nebenwirkungen ärztlich verordnet werden müssen. Wirksamkeitsbelege im Sinne der evidenzbasierten Medizin haben bei dieser Zuordnung in den 1990er Jahren kaum eine Rolle gespielt. Dieses in dieser Zeit ursprünglich ausschließlich für die Bewertung der Wirksamkeit von chemisch definierten Pharmaka entwickelte Konzept wurde zunehmend auch auf die nicht medikamentösen Verfahren ausgedehnt. In der Hoffnung, dass dieser personalintensive Bereich auf die Dauer durch Medizinprodukte ersetzt werden könnte, wurde deren Entwicklung mit öffentlichen Fördermitteln ab Mitte der 1990er Jahre stark unterstützt. Infolgedessen entwickelte sich Deutschland zu einer in der Medizinproduktentwicklung führenden Nationen weltweit, zumal zunächst keine kostenintensiven klinischen Prüfungen, ja nicht einmal Registrierungen im Sinne des Patientenschutzes vorgeschrieben waren. Erst ab dem Problem der geplatzten Brustimplantate von 2013 wurden allmählich den Arzneimittelprüfungen angepasste Prüfungen für Medizinprodukte sowie Register z. B. für Endoprothesen in Deutschland entwickelt.

Im Bereich der Rehabilitationsmedizin, in der traditionell viele naturheilkundliche Verfahren angewendet wurden, wurden von der Deutschen Rentenversicherung ab 2004 Rehabilitationsrichtlinien eingeführt. Die Ableistung der übrigens bis heute wenig evidenzbasierten Behandlungsmodule, vor allem in ihrer jeweiligen Kombination, ist bei jeder Erkrankung genau vorgeschrieben, bei Nichteinhaltung wird die Fallpauschale nicht gezahlt. Naturheilkundliche und komplementärmedizinische Therapieverfahren werden in diesen Richtlinien bisher nahezu nicht berücksichtigt, auch wenn sie bei bestimmten Erkrankungen in den medizinischen Leitlinien inzwischen empfohlen werden.

Außereuropäische Verfahren und andere Konkurrenten

Ab den 1980er Jahren nahm die Bedeutung traditioneller außereuropäischer Verfahren für die Therapie von Krankheiten außerhalb der etablierten Medizin immer mehr zu. Diese Verfahren drangen teilweise auch bis in die medizinische Forschung vor, wobei die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) infolge der massiven finanziellen Unterstützung durch die Volksrepublik China (VR) weltweit zum Wegbereiter wurde. In den 1990er Jahren wurde deshalb in den USA eine Abteilung des National Health Institute (NIH) geschaffen, die sich nur mit traditionellen und komplementären Verfahren befasste, Forschungsgelder vergab und für die flächendeckende Einrichtung von entsprechenden Lehrstühlen an den Universitäten sorgte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelte sehr bald dieses Vorgehen in Strategievorschlägen hinsichtlich der Etablierung von traditionellen und komplementären Therapieverfahren in ihren Mitgliedsländern weiter. Leider gehören bis jetzt die meisten Mitgliedsländer der EU einschließlich Deutschlands bei der Umsetzung dieser Vorschläge zu weltweiten Schlusslichtern.

Infolge der finanziellen Förderung durch die VR von z. B. Forschungsprojekten u.a. in Deutschland und Einladungen deutscher Medizinstudierender nach China wurden auch in Deutschland insbesondere die Verfahren der TCM populär. Das damit von der VR im Hintergrund verfolgte Ziel, im lukrativen europäischen Arzneimittelmarkt mit chinesischen Pharmaka Fuß zu fassen, war damals nur einem kleinen Personenkreis bekannt. Die entsprechend der ärztlichen Approbationsordnung von mir in Rostock ab 2003 organisierte Pflichtvorlesung zum Querschnittsbereich 12 (Rehabilitation, physikalische Therapie, Naturheilverfahren) war zunächst sehr schwach besucht, es gab sogar Beschwerden der Studierenden, dass Verfahren der TCM nicht berücksichtigt wurden. Dies hat sich jedoch im Verlauf der Jahre mit zunehmender Aufklärung der Studierenden über die Hintergründe der TCM stark geändert. Dafür positionieren sich als Konkurrenz zu den Naturheilverfahren seit etlichen Jahren vor allem in den östlichen Bundesländern immer mehr die Vertreter der Manuellen Medizin, die sich anfänglich aus den Ärzten für Physiotherapie rekrutierten. Nachdem bei den zunächst im Vordergrund stehenden finanziell lukrativen chirotherapeutischen Eingriffen deren erhebliche Nebenwirkungen publik wurden, wurden im Laufe der Jahre neben einer immer aufwändigeren Diagnostik gleichzeitig etliche komplementärmedizinische Verfahren wie z. B. Osteopathie, Kraniosakraltherapie, Schröpfen, Neuraltherapie und Akupunktur/Akupressur angewendet, um die Wirkung der manuellen Behandlung zu verstärken. Insbesondere selbstzahlende Schmerzpatienten werden damit versorgt, die Belege für eine insbesondere nachhaltige Wirksamkeit sind allerdings bisher mehr als dürftig.

Evidenzbasierung und Leitlinien

Die Umsetzung von Wissenschaftstheorien und die Schulung von medizinischem Personal in den Grundlagen der Statistik hat zu einer rasanten Entwicklung der evidenzbasierten Medizin seit den 1990er Jahren geführt. Dies ermöglichte zunehmend den Ersatz von Lehrmeinungen durch wissenschaftlich absicherte medizinische Leitlinien. Diese enthalten zwar noch immer viele lediglich empirisch gestützte Empfehlungen, dies wird aber kenntlich gemacht, wodurch Forschungsdefizite systematisch identifiziert werden. Da zu den Naturheilverfahren wegen fehlender entsprechender Lehrstühle und Forschungsfinanzierung in der Regel allenfalls ältere klinische Studien existierten, die aber nicht mehr den neueren Prüfstandards entsprachen und auch in der Regel nicht in international zugänglichen Zeitschriften publiziert worden waren, kam in Deutschland das sich bis heute hartnäckig haltende falsche Gerücht auf, dass die Wirksamkeit von Naturheilverfahren nicht belegt und sie deshalb unwirksam seien. Wegen der durch internationale Forschungsaktivitäten verbesserten Evidenzlage wurden jedoch 2013 die Gesellschaft für Phytotherapie und 2018 die Deutsche Gesellschaft für Naturheilkunde in die Arbeitsgemeinschaft der Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) aufgenommen. Seither können Vertreter beider Fachgesellschaften qualifizierte Empfehlungen von naturheilkundlichen und komplementärmedizinischen Therapieverfahren in geeigneten Leitlinien positionieren. Da inzwischen auch PatientInnen an der Leitlinienentwicklung beteiligt sind, nimmt deren Patientenorientierung in den letzten Jahren zu. Es werden zudem leicht verständliche Leitlinien entwickelt, um PatientInnen eine rasche, wissenschaftlich abgesicherte Übersicht zur Entstehung, Diagnostik und Therapie ihrer Erkrankung zu ermöglichen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses kostenlose Informationsangebot eine zunehmende Verbreitung in der Bevölkerung erfährt. Derzeit sind entsprechende Apps in Entwicklung, um den Zugriff für PatientInnen noch weiter zu erleichtern.

Aktueller Stand

Gegenwärtig stehen alle Säulen der Naturheilkunde wieder im Fokus des öffentlichen Interesses. Bei der Ernährung gibt es im Bereich Fasten und verschiedenen Ernährungsformen (vegetarisch, vegan, FODMAP etc.) international erhebliches Forschungsaktivitäten, zugleich scheinen die vielen Aufklärungskampagnen hinsichtlich der berechtigten Bedenken bei Qualität, Wirkung und Unbedenklichkeit von Nahrungsergänzungsmitteln bei der Bevölkerung allmählich erfolgreich zu sein. Zur Bewegung wurden in den letzten Jahren sehr viele, zumeist aber wissenschaftlich nicht abgesicherte Apps entwickelt, auch für den Einsatz bei verschiedenen Erkrankungen. Sie sind ohne fachkompetente Begleitung aber wenig brauchbar, der Mangel an geschultem Fachpersonal kann damit nicht ausgeglichen werden. In der Phytotherapie sind aufgrund der weltweiten Forschungsaktivität inzwischen viele klinische Studien durchgeführt worden, diese Belege für ihre Wirksamkeit können über die Patientenleitlinien von der Bevölkerung leicht aufgefunden werden, wodurch Phytotherapie gegenüber kaum oder nicht wissenschaftlich nicht abgesicherten substanzgebundenen Therapien wieder vermehrt Fuß fassen wird. Hydrotherapie und Balneotherapie dürften aktuell aufgrund der Klimakrise und der zunehmenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Wärme- und Kälterezeptoren eine Renaissance erleben, sie können nämlich, wenn sie richtig angewendet werden, weit mehr als nur Elemente von  Wellnesskonzeptionen sein. Schließlich gibt es im Bereich der Entspannungsverfahren sehr viele gut abgesicherte positive Erkenntnisse, insgesamt ist die Mind-Body-Medicine inzwischen sehr vielfältig aufgestellt, so dass esoterische Anteile verzichtbar sind.

Digitalisierung und Naturheilvereine als Chance der Naturheilkunde

Die Zeit für die digitale Vermittlung von gut abgesicherten naturheilkundlichen Inhalten ist längst da. Im Esoterikmilieu wurden die entsprechenden Chancen unter dem Gesichtspunkt der Vermarktung schon lange genutzt. So werben z. B. InfluencerInnen, die mit großer Ausdauer gegen die moderne Medizin wettern und Verschwörungstheorien verbreiten, gleichzeitig am laufenden Band für Nahrungsergänzungsmittel, obwohl bei diesen in der EU alle Aussagen, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen, verboten sind. Die konkrete Anwendung von wissenschaftlich fundierten naturheilkundlichen Verfahren zur Steigerung des Wohlbefindens kann digital leicht verbreitet werden, hinsichtlich ihres Nutzens für den Einzelnen ist das den üblichen Wohlfühlvideos auf jeden Fall haushoch überlegen. Esoterische Vermenschlichungen von Naturkatastrophen wie z. B. die Erklärung von Hochwasserereignissen als Blockade weiblicher Energien, die zu Wasserstau führt, kommen zwar dem weitverbreiteten Bedürfnis nach einfachen und bequemen Erklärungs- und Bewältigungsmodellen in den gegenwärtigen vielfältigen Krisen entgegen, bieten aber bekanntlich keine reale Hilfestellung. Dagegen kann die expertengestützte Anwendung von Naturheilverfahren, die gezielt durch kreative, leicht zugängliche digitale Botschaften und Ratschläge unterstützt wird, vielfältig insbesondere bei leichteren gesundheitlichen Problemen helfen. Gerade Naturheilvereine sind hervorragend geeignet, der in den letzten Jahren zunehmenden Vereinsamung der Menschen reale Kontakte entgegenzusetzen. Zugleich können die dort organisierten Gesundheits- und Lebensstilexperten den für den Normalbürger undurchdringlichen Dschungel an digitalen Informationen gezielt vorab lichten und dadurch eine große Hilfestellung bieten. Wir müssen jetzt alle aus unseren Pseudokomfortzonen ausbrechen und eigene Initiative zeigen, wenn wir die derzeitigen und noch kommenden Probleme gut bewältigen wollen. Die individuelle bzw. gemeinsame Anwendung von fundierten naturheilkundlichen Verfahren kann uns dabei sehr helfen.

Prof. Dr. Karin Kraft, Vizepräsidentin DNB

Wassereinlagerungen im Gewebe: was tun?

Wassereinlagerungen im Gewebe werden als Ödeme bezeichnet. Die Ursachen können unterschiedlich sein. Viele Frauen kennen das Problem der verstärkten Wassereinlagerungen aus bestimmten Zyklusphasen bzw. der Schwangerschaft. Die medizinischen Bezeichnungen verraten etwas über die Ursache des Ödems: Lymphödem, Lipödem, Hungerödem, Herzödem. Auch nach Verletzungen, Operationen, Insektenstichen und allergischen Reaktionen treten Schwellungen auf. Hier wird von entzündlichen bzw. posttraumatischen Ödemen gesprochen.

 Wie kommt es zu einem Ödem?

Im Idealfall besteht ein Gleichgewicht: Über die Venen und die Lymphgefäße wird genauso viel Flüssigkeit abtransportiert, wie aus dem Blut ins Gewebe gelangt, um es mit Signal- und Nährstoffen zu versorgen. Viele Faktoren sind an der Aufrechterhaltung dieses Gleichgewichtes beteiligt: Herz, Leber, Nieren, Venen, Lymphgefäßsystem und die hormonelle Regulation. Ist einer dieser Faktoren gestört, kann möglicherweise nicht genügend Flüssigkeit aus dem Gewebe abtransportiert werden.

Bei Verletzungen und Entzündungen dagegen gelangt sehr viel Flüssigkeit ins Gewebe, sodass der Abtransport vorübergehend überfordert ist. Die Folge in beiden Fällen: Es entsteht eine Schwellung – ein Ödem.

Behandlung: Welche Rolle spielen die Eiweiße?

Die Therapie muss sich nach den Ursachen richten. Werden diese nicht beachtet, kann sie mehr schaden als nutzen. Als entscheidend für die Behandlung hat sich der Eiweißgehalt des Ödems erwiesen.

Eiweiße haben die Eigenschaft, Flüssigkeit zu ziehen und zu binden: Dort wo viel Eiweiß ist, wird auch viel Flüssigkeit hingezogen. Das richtige Verhältnis der Eiweißmenge im Blut zu der im Gewebe ist demnach entscheidend für eine ausgeglichene Flüssigkeitsverteilung

Eiweiße spielen eine wichtige Rolle bei Entzündungen: Entzündungsbotenstoffe in Form von Eiweißen werden vom Körper an den Ort des Geschehens gesendet. Wenn aufgrund einer Entzündung viele Eiweiße im Gewebe sind, diffundiert viel mehr Wasser aus den Blutgefäßen ins Gewebe. So entsteht ein entzündliches Ödem. Ist durch eine Verletzung oder Entzündung der Lymphabfluss beeinträchtigt, handelt es sich um ein Lymphödem.

Wenn man jetzt durch Anregung der Harnbildung einfach nur das Wasser aus dem Gewebe ziehen würde, könnte das kontraproduktiv sein, weil die Eiweiße immer wieder Wasser nachziehen. Möglicherweise würde man so das Problem sogar verschärfen. Bei solchen eiweißreichen Ödemen muss die Therapie darauf ausgerichtet sein, den Lymphabfluss zu unterstützen, damit nicht nur das Wasser, sondern auch die Eiweiße abtransportiert werden. Dafür gibt es beispielsweise die Manuelle Lymphdrainage und die Kompressionstherapie. Auch naturheilkundliche Lymphmittel können hier unterstützend wirksam sein.

Ganz anders sieht die Therapie aus, wenn es sich um eiweißarme Ödeme handelt. Bei eiweißarmen Ödemen sind Diuretika – volkstümlich häufig als Wassertabletten bezeichnet -das Mittel der Wahl.

Was sind Diuretika?

Diuretika sind Arzneimittel, die die Flüssigkeitsausscheidung über die Nieren anregen. Sie sorgen dafür, dass die Gewebeflüssigkeit besser ausgeschwemmt und mit dem Urin ausgeschieden wird. Solche Diuretika werden insbesondere bei so genannten Herzödemen verschrieben. Diese entstehen, wenn die Herzkraft nicht reicht, die Flüssigkeit gegen die Erdanziehungskraft zurück zum Herzen zu transportieren. Auch bei anderen eiweißarmen Ödemen sind harntreibende Mittel sinnvoll. Dazu gehören Ödeme, die entstanden sind durch Erkrankungen von Leber, Nieren oder Venen, durch hormonelle Schwankungen (zyklusabhängig) oder Nebenwirkungen von Medikamenten.

Was bietet die Naturmedizin?

Neben den verschreibungspflichtigen Diuretika gibt es auch Pflanzen, die die Wasserausscheidung anregen. Dazu gehört die Dornige Hauhechel (Ononis spinosa). Sie ist beispielsweise ein wesentlicher Wirkstoff des homöopathischen Komplexmittels Pascodem. Dieses Mittel kann man verwenden, um bei Wasseransammlungen im Gewebe sanft zu unterstützen.

 Wassereinlagerungen – was können Sie selbst tun?

Egal, ob es sich um eiweißreiche oder eiweißarme Ödeme handelt: Das können Sie selbst tun:

  • Bewegen Sie sich so viel wie möglich. Vermeiden Sie dabei aber Überlastung. Am besten ist Schwimmen.
  • Nutzen Sie jede Gelegenheit für Bein-Gymnastik, um die Blutzirkulation anzuregen. Tipp: ständiger Wechsel vom Fersen- zum Zehenstand – auch im Sitzen.
  • Lagern Sie die betroffenen Gliedmaßen oft hoch, um den Rückstrom zum Herzen zu unterstützen.
  • Vermeiden Sie einschnürende Kleidung und minimieren Sie die Verletzungsgefahr an den betroffenen Gliedmaßen.
  • Nutzen Sie die Möglichkeiten der Kompression richtig. Lassen Sie sich dazu von Fachleuten in Apotheke oder Sanitätshaus beraten: Kompressionsstrümpfe müssen exakt sitzen, um nicht mehr zu schaden als zu nutzen.

Bärbel Tschech ist Diplom-Biologin bei Pascoe Naturmedizin

Immunstark sein, Teil 2

Wissen ist cool Ob bei Massenerkrankungen wie im Falle der Epidemie oder Pandemie oder ob bei einer einzelnen Infektion: Es gibt immer zwei Ursachen, zwei Betrachtungsweisen und zwei Lösungen. Hier kannst Du mehr darüber lesen. Damit das auch funktioniert, haben wir Menschen im Laufe von Jahrtausenden ein hoch differenziertes Immunsystem entwickelt. Man kann dieses geniale Immunabwehr-System distanziert betrachten. Das nennt man Erwerben von „Wissen“und die Wissenschaft weiß viel, weil sie viel analysiert, in seinen Funktionen erforscht und nachlesbar in Lehrbüchern niedergelegt hat. Dazu gehört auch das Wissen über die Funktion von Krankheitserregern. Ich nenne dieses Wissen gerne „cool“, weil es Distanz zum Fühlen und Erleben schaut. Hier besteht die Gefahr, ein Feindbild zu erschaffen: Bakterien, Viren, Pilze oder andere „fiese“ Mikroben. Ein Feind ist ein Angreifer auf die Lebenskraft eines Schwächeren. Das kennst du aus dem Geschichtsunterricht. So entstehen Kriege mit Gewinnern und Verlierern. Nun handelt es sich bei Erregern um „Feinde“, die nur unter dem Mikroskop sichtbar werden, im Nanomillimeter-Größenbereich liegen. Warum sind sie dann so mächtig? Das ist ihre Wirkung. Sie besitzen Kräfte, die sich mit dem menschlichen Energiesystem – Körper und Geist – messen wollen. Ist das System Mensch schwach, gewinnt die Mikrobe. Ist das Energiesystem Mensch
stark, verliert die Mikrobe ihre Lebenskraft.

DEIN IMMUNSYSTEM IST GENIAL Es arbeitet unentwegt ganz automatisch und erzeugt Lebensenergie. Die Immunzellen töten nicht nur die ungebetenen Mikroben, sondern gehören zu einem genialen System der Energieerzeugung. Fakt ist: Wir sind täglich von unzähligen Viren, Bakterien, Pilzsporen und Mikroben umgeben. Davon haben wir Milliarden im Körper. Die sauerstoff abhängigen Bakterien, die Substanz aufbauen und abbauen können, sind in der Überzahl und erzeugen, was man „Gesundheit“ nennt. Denk mal an den Schleim in Bronchien und Nase! Wir bunkern aber auch eine Menge uralte Bakterien, die nur dann aktiv werden, wenn das Gleichgewicht der Mikroben im Körper nicht mehr stimmt. Das ist auch noch nicht alles. Der menschliche Organismus ist im täglichen zivilisatorischen Umfeld der Einwirkung von annähernd 60.000 chemischen Verbindungen ausgesetzt, von denen 4000 bis 6000 krebserzeugende Eigenschaften aufweisen. Zahlreiche Konservierungsmittel,
8000 Färbemittel und 6000 Textilhilfsmittel dringen zum großen Teil durch die Haut ein und müssen fortlaufend in den Immunzellen direkt oder enzymatisch gehindert werden, unkontrollierte Kettenreaktionen auszulösen. Das lehrte uns Therapeuten der fabelhafte Onkologe Dr. med. Heinrich Kremer, um uns klarzumachen, wie genial unser Immunsystem ist, womit es TÄGLICH fertigwerden muss. Wissen reicht nicht, Umsetzen von Wissen bringt Erfahrung und Bildung. Das Immunsystem ist unser engster Freund. Der unterscheidet permanent, was uns gut tut und was uns schaden könnte. Die Immunabwehr tut also ihre Arbeit und ist sogar auf Mikroorganismen vorbereitet, die unterm Mikroskop noch gar nicht gefunden wurden!
In Teil 3 schauen wir uns an, was den Immunfreund schwächen könnte und wie du ihn unterstützen kannst. Dr. Rosina Sonnenschmidt ist international
renommierte Homöopathin und Autorin von über 50 Fachbüchern. www.inroso.com

Von Nora Laubstein

Erfolgreiche Lobbyarbeit: Der DNB erwirkt Veränderung im neuen Grundsatzpapier von Bündnis90/Die Grünen

Die Bundesdelegiertenkonferenz der Partei Bündnis90/Die Grünen hat im November letzten Jahres in ihrem neuen Grundsatzpapier eine wesentliche Forderung des DNB an die Bundestagsabgeordneten des Gesundheitsausschusses übernommen: Die Forschung zur Wirksamkeit von Naturheilverfahren soll unterstützt werden! Desweiteren wurde die Wahlfreiheit im Gesundheitswesen, die Therapievielfalt und das Selbstbestimmungsrecht von Patientinnen und Patienten festgeschrieben.

„Komplementärmedizin spielt relevante Rolle“

Das Grundsatzpapier von Bündnis90/Die Grünen verwendet neben dem Begriff „Naturheilverfahren“ auch den Begriff „Komplementärmedizin“: „Viele Menschen nutzen Komplementärmedizin, die somit eine relevante Rolle in der heutigen Gesundheitsversorgung spielt“ heißt es unter Punkt 242 des Programms. Leider wurde unser Vorschlag, gemäß der WHO-Definition von T&CM auch den Begriff der „Traditionellen Medizin“ mitaufzunehmen, nicht berücksichtigt.

Ergänzend wurde von Staatssekretärin und Mitglied des Landtages Baden-Württemberg Bärbl Mielich die „Integrative Medizin“ in einem Antrag erwähnt. In den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg gibt es in den Sozialministerien mittlerweile eine Abteilung für „Integrative Medizin“. Baden Württemberg fördert etwa die Initiative „KIG-BaWü“ (Komplementäre und Integrative Gesundheitsversorgung in BaWü), in der sich Wissenschaftler der Universitätskliniken und circa zwanzig weiterer Krankenhäuser zusammengeschlossen haben mit 1,16 Millionen Euro. Ziel ist die interdisziplinäre Zusammenstellung von Erfahrungswissen und erfolgversprechenden Ansätzen, um eine integrative Gesundheitsversorgung zu entwickeln. Dabei geht es um Grundlagenforschung, Versorgungsforschung und die Stärkung des Forschungsstandorts Baden-Württembergs.

Keine Kassenleistung

Bezüglich der Frage, ob komplementärmedizinische Leistungen von der Solidargemeinschaft im staatlichen Kassensystem übernommen werden sollen, verbleibt das Grundsatzpapier von Bündnis90/Die Grünen beim Status Quo: Diese Leistungen müssen sowohl medizinisch sinnvoll und gerechtfertigt, als auch die Wirksamkeit wissenschaftlich erwiesen sein. Es gelten also weiterhin die Kriterien der evidenzbasierten Medizin (EBM) und damit auch einer Integrativen Medizin. Würde diese Regelung auf alle medizinischen Anwendungen angewendet werden, dürften auch circa 70 Prozent der aktuellen Leistungen aus dem konventionellen Medizinbetrieb wegfallen.

Bündnis90/Die Grünen werden vermutlich Teil der nächsten Bundesregierung sein. Daher wird der DNB gemeinsam mit anderen Kooperationspartnern den kommenden Wahlkampf und die Koalitionsverhandlungen konstruktiv begleiten.

Nora Laubstein ist Präsidentin des Deutschen Naturheilbundes

Was bedeutet Immunität und wie kann man sie messen? Ein Laborfacharzt über die Unterschiede zwischen Antikörpern und zellulärer Abwehr

Von Dr. med. Armin Schwarzbach; Foto: Freepik.com

Als Immunität bezeichnet man in der Medizin den Zustand, in dem ein Organismus ausreichende Abwehrmechanismen gegenüber Krankheitserregern hat und diese  beim Eindringen im Körper sofort erkennen und bekämpfen kann. Unser Körper bildet spezifische Antikörper und Immunzellen als Reaktion auf Erreger. Das passiert beispielsweise bei einer Infektion, bei der unser Immunsystem durch den Kontakt mit Keimen „trainiert“ wird oder nach einer Impfung.

Grundsätzlich wird zwischen einer zellulären und humoralen Immunantwort unterschieden. Die zelluläre Immunabwehr erfolgt vor allem durch T-Lymphozyten, wobei bei der humoralen Immunabwehr Antikörper beteiligt sind. Zelluläre und humorale Immunreaktionen ergänzen sich bei jeder Abwehrreaktion auf Krankheitserreger. Das zelluläre Immunsystem spielt eine wichtige Rolle in der Einleitung von Abwehrreaktionen mit der nachfolgenden Produktion von Antikörpern.

Wie kann ich feststellen, ob jemand immun ist?

Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine davon ist der Nachweis von Antikörpern. So werden die Eiweißmoleküle genannt, die unser Immunsystem bei einer Infektion bildet, um die in den Körper eingedrungenen Krankheitserreger zu bekämpfen. Die Eiweißmoleküle binden sich an Krankheitserreger und sorgen dafür, dass die Fremdkörper, die sogenannten Antigene, unschädlich gemacht werden, bevor sie in die Zellen eindringen und sich dort vermehren können. Jeder Antikörper passt zu seinem Antigen wie ein Schlüssel in ein Schloss.

Zahl der Antikörper nicht konstant

Labordiagnostisch lässt sich feststellen, welches Virus die Krankheit verursacht hat und ob spezifische Antikörper gebildet wurden, also die Person diese Krankheit bereits durchgemacht hat. Dabei unterscheidet man unterschiedliche Klassen von Antikörpern. So gibt es Antikörper, die sich beim Erstkontakt mit dem Fremdkörper bilden und auf eine frische Infektion hindeuten (IgM), solche, die sich vor allem in den Schleimhäuten befinden (lgA), solche, die erst nach einiger Zeit entstehen (lgG) und noch weitere.

Die Berufsgenossenschaft verlangt, dass sich medizinisches Personal gegen Hepatitis B impfen lässt. Das durch Blut und Körpersäfte übertragbare Virus verursacht Leberentzündungen mit Todesfolge. Alle Beschäftigten im Gesundheitsdienst sollten nach drei Impfungen ausreichend spezifische Antikörper gegen das Hepatitis B Virus entwickelt haben (Anti HBs > 100 IU/I). Bei niedrigeren Anti-HBs-Konzentrationen sollten weitere Impfungen durchgeführt werden. Circa fünf bis zehn Prozent der Geimpften entwickeln jedoch keine oder kaum Antikörper (Non-Responder).

Auch bei Grippe-Erkrankungen wie auch bei SARS-CoV-2-Infektionen bildet unser Immunsystem bindungsspezifische Antikörper vom Typ IgG, IgA und IgM gegen Grippe-Viren. Labordiagnostisch lässt sich wie bei einer Hepatitis-B Erkrankung feststellen, welches Grippe-Virus (z.B. Influenza A oder B) die Krankheit verursacht und ob spezifische Antikörper gebildet wurden.

Da Grippeviren mutieren können, was häufig der Fall ist, besteht eine Immunität über Antikörper manchmal jedoch nur einige Monate. Nach einer Mutation können unsere Antikörper das Virus-Antigen dann nicht mehr vollständig binden. Auch nimmt die Zahl der Antikörper nach einiger Zeit im Blut ab. Manche Menschen entwickeln – wie beim Beispiel mit Hepatitis B – auch nur wenig oder geringe Antikörper. Antikörpernachweise sind also im Hinblick auf eine mögliche Immunität nicht immer zwingend aussagekräftig.

Zelluläre Immunabwehr oder Basisimmunität

Als weitere Säule zu einer vollständigen Diagnostik kann das zelluläre Immunsystem getestet werden. Während Antikörper sich an Krankheitserregern wie Viren und Bakterien anlagern und diese zerstören, lagern sich T-Zellen an kranke Zellen im Körper an. Sie sorgen unter anderem für Nachschub an Antikörpern oder töten infizierte Zellen ab und spielen eine bedeutende Rolle bei der Abwehr von Virusinfektionen. Damit ein Mensch gegen eine Krankheit immun werden kann, müssen sich T-Zellen nach dem Kontakt mit dem Erreger zu Gedächtniszellen entwickeln.

Wenn sich Gedächtniszellen bilden – sei es durch eine Erkrankung oder eine Impfung – ist das die Basis für eine Immunität gegen Krankheiten. Diese kann mehrere Monate andauern, aber auch ein ganzes Leben lang. T-Gedächtniszellen verfügen über die Fähigkeit, die Oberflächenstruktur verschiedener Bakterien bzw. Viren abzuspeichern. Bei einer Zweitinfektion ist der Körper dank seiner Gedächtniszellen deshalb in der Lage, innerhalb kurzer Zeit erfolgreich zu reagieren.

Der Zustand unseres zellulären Immunsystems entscheidet darüber, ob wir bei einer Infektion krank werden oder nicht. Wer es nicht ausreichend mobilisieren kann, läuft Gefahr zu erkranken oder an einer Infektion zu sterben. Wer jedoch ein hochaktives zelluläres Immunsystem hat, kann wohl mit einer hohen Infektionsdosis überleben und bei einer Minderinfektion nicht einmal Symptome aufweisen.

In einer neuen Studie in Nature Medicine konnte aktuell gezeigt werden, dass bei SARS-CoV-2-Infektionen Immunzellen gebildet werden, die im Körper erhalten bleiben und bei einer erneuten Infektion eine schnelle Immunantwort vermitteln können. Diese T-Gedächtnis-Zellen sehen nach einer SARS-CoV-2-Infektion ähnlich aus wie die nach einer Influenza-Grippe.

Dies kann mittels des Tests Cov-iSpot labordiagnostisch gemessen werden. Hier weist der Nachweis von reaktiven T-Zellen (Effektorzellen) auf einen Erregerkontakt und folglich auf eine akute oder zurückliegende Infektion hin, unabhängig ob Antikörper gebildet wurden. Zudem können die Reaktionen von T-Gedächtniszellen länger nachgewiesen werden als Antikörper. Studien zufolge bleiben SARS-CoV-2-spezifische T-Zellantworten noch lange nachweisbar. So konnten bei SARS-Patienten von 2003 auch im Jahre 2020 noch SARS-spezifische T-Gedächtniszellen gefunden werden.

Man kann also davon ausgehen, dass zelluläre Immuntestungen Hinweise auf vorangegangene Covid-19-Erkrankungen, auf eine zelluläre Immunität und eine mögliche Basisimmunität (PAN-Corona spezifische T-Zellantworten mit weiteren Coronaviridae) geben.

Wozu Impfungen?

Es gibt zwei Ziele von Impfungen:

Für die Allgemeinheit ist das Ziel, dass weniger Geimpfte an einer Krankheit erkranken und sterben, bzw. die Erkrankung einen weniger schweren Verlauf nimmt als bei Menschen ohne Impfung. Für den Einzelnen soll durch eine Impfung eine Immunität gegen den die Krankheit auslösenden Erreger erreicht werden. Das Standardmodell der WHO geht davon aus, dass in einer Bevölkerung über 70 Prozent der Menschen immun sein müssen, damit sich eine Erkrankungen nicht mehr weiter ausbreitet (sogenannte Herdenimmunität). Dadurch werden auch Menschen, die ein geschwächtes Immunsystem haben oder keine Immunität entwickeln, geschützt.

Es kann laborchemisch gemessen werden, ob schon eine Immunität besteht und eine Impfung nicht unbedingt notwendig ist. Hierzu verwendet man in aller Regel die Bestimmung des IgG-Antikörper-Titers. Die Frage zur zellulären Immunität wird jedoch bislang immunologisch in der Routine nicht berücksichtigt. Dabei wäre sie ein wichtiger Hinweis, wieviel Menschen sich bereits infiziert haben und immun sind.

Vor einer Impfung Immundefekte bestimmen

Gefürchtete Komplikationen und Folgeschäden von Impfungen, darunter Autoimmunkrankheiten wie Diabetes Typ 1 oder multiple Sklerose, werden nach Studienlage als äußerst selten beschrieben, sind aber grundsätzlich nicht auszuschließen. Unabhängig vom Risiko einer Impfung macht es deshalb Sinn, angeborene oder erworbene Immundefekte labordiagnostisch zu bestimmen. Erworbene Immundefekte können beispielsweise bei chronischen Infektionen oder auch Autoimmunerkrankungen sekundär entstehen.

Hier können in einem Speziallabor die Bestimmung der T-Zellen, B-Zellen und Natürlichen-Killer (NK)-Zellen sowie die Bestimmung der Immunglobuline IgG, IgA, IgM und der Immunglobulin-Subklassendefekte hilfreich sein. Diese Laborparameter sind zudem bei der Bewertung der Immunität gegenüber Infektionen durch Krankheitserreger zu beachten.

Dr. Armin Schwarzbach ist als Laborfacharzt mit der Spezialisierung auf Infektiologie in Augsburg tätig. Sein Labor ist auf die Diagnostik von Infektionen spezialisiert und Corona-Testcenter.

arminlabs.com/de