Alternative Antibiotika

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Es muss nicht immer die Chemiekeule sein: Bei Harnwegsinfektionen helfen pflanzliche Arzneimittel. Sie hemmen das Bakterienwachstum, verursachen aber keine Resistenzen

TEXT PROF. DR. MED. KARIN KRAFT, FOTO CREATIV COLLECTION

In den letzten fünf Jahren hat sich der Anteil der Erreger, die gegen alle Breitbandantibiotika unempfindlich sind, um 200 Prozent erhöht. Diese antibiotikaresistenten Bakterien können insbesondere bei geschwächten oder frisch operierten Patienten lebensbedrohlich sein, da kein wirksames Gegenmittel zur Verfügung steht. Mehrere Gründe sind für den rasanten Anstieg der multiresistenten Keime verantwortlich: Die nicht ausreichende Einhaltung hygienischer Grundregeln in den Kliniken zählt ebenso dazu wie der großzügige und teilweise ungezielte Umgang mit Antibiotika in den ärztlichen Praxen. Aber auch die umfangreiche Verwendung von Antibiotika in der Tiermast hat dazu beigetragen.

Die wichtigste Maßnahme gegen multiresistente Keime ist es, den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren. Inzwischen bezieht auch die Schulmedizin zu diesem Problem Stellung.
„Bei der akuten unkomplizierten Zystitis (Harnblaseninfektion) stellt die alleinige symptomatische Therapie eine vertretbare Alternative zur sofortigen antibiotischen Behandlung dar“, heißt es in einer aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin. Die Gabe von Antibiotika zur Behandlung und insbesondere zur Prophylaxe ist demnach nicht erforderlich. Trotzdem sollen die unangenehmen Symptome möglichst nebenwirkungsarm gelindert werden.

Harntreibend und antientzündlich

Dazu eignen sich etliche Arzneipflanzen und die daraus hergestellten pflanzlichen Arzneimittel gut. Denn sie enthalten antibiotisch wirksame Stoffe, mit denen sie sich selbst wirkungsvoll gegen Bakterien, Viren und Pilze verteidigen. Diese sogenannten Phytotherapeutika lassen sich auch vorbeugend einsetzen, aber nur, wenn keine Schwellungen (Ödeme) infolge einer Herz- oder Nierenschwäche bestehen.

Man unterscheidet zwischen den sogenannten Durchspülungsmitteln und Harnwegsdesinfizienzien. Zu den Durchspülungsmitteln zählen Goldrutenkraut, Birkenblätter, Brennnesselkraut und Schachtelhalmkraut. Sie enthalten antientzündlich wirkende Inhaltsstoffe und regen die Urinausscheidung durch die Niere an. Zudem verhindern sie, dass Bakterien in die Harnwege eindringen, haften bleiben und dort einen Biofilm bilden. Das haben aktuelle Untersuchungen gezeigt. Besonders geeignet sind Kombinationspräparate, weil sich die verschiedenen Wirkprinzipien der Einzelpartner gut ergänzen. Bei der Langzeitanwendung ist ein gelegentlicher Wechsel sinnvoll.

Harnwegsdesinfizienzien enthalten Inhaltsstoffe, die das Bakterienwachstum hemmen, aber keine Resistenzen verursachen. Allerdings wirken sie deutlich schwächer als Antibiotika. Dazu zählen Bärentraubenblätter, Kapuzinerkressenkraut oder Meerrettichwurzel. Harnwegsdesinfizienzien werden nur über kurze Zeit während des Harnwegsinfektes zusammen mit den Durchspülungsmitteln eingenommen.

Goldrutenkraut wird für Tees (insgesamt 3 bis 5 Gramm pro Tag bei 2 bis 4 Tassen) oder Extrakte verwendet und wirkt harntreibend, antientzündlich, krampflösend und schmerzlindernd. In Fertigarzneimitteln wird es oft mit anderen ähnlich wirkenden Pflanzen kombiniert.

Birkenblätter und Brennnesselkraut werden ebenfalls für Teeaufgüsse der Extrakte verwendet. Sie wirken antientzündlich. Dazu 2 Esslöffel pro Tasse ziehen lassen und maximal 8-12 Gramm verwenden. Bei Birkenblättern treten selten Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder allergische Reaktionen auf. Sie werden deshalb meistens mit anderen Pflanzen kombiniert. Für Brennnesselkraut sind keine Nebenwirkungen beschrieben.

Schachtelhalmkraut wirkt antientzündlich und schmerzlindernd. Als Nebenwirkungen sind leichte Magendarmbeschwerden und allergische Reaktionen beschrieben. Man verwendet zwei Teelöffel pro Tasse bis zu dreimal am Tag (10 bis 15 Minuten ziehen lassen).

Bärentraubenblätter wirken antibakteriell, reizlindernd und antientzündlich. Bei empfindlichem Magen verursachen sie gelegentlich Missempfindungen. Sie sollten nur maximal 5 mal im Jahr und jeweils maximal 1 Woche eingenommen werden und sind in Teemischungen oder als Fertigarzneimittel erhältlich.

Die Extrakte des Kapuzinerkressenkrauts, sogenannte Senföle, hemmen Bakterien- und Pilzwachstum in den ableitenden Harnwegen. Senföle aus der Meerrettichwurzel bzw. die frisch geriebenen Wurzeln (20 Gramm pro Tag) wirken zudem schleimhautreizend. Bei Magen- und Dünndarmgeschwüren oder Nierenerkrankungen sollen sie ebenso wie die Extrakte aus Kapuzinerkressenkraut nicht eingenommen und während Schwangerschaft und Stillzeit nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt eingesetzt werden.

Oft werden insbesondere zur Prophylaxe von Harnwegsinfektionen auch Zubereitungen von Cranberry als Saft, Tabletten oder Kapseln empfohlen. Hier handelt es sich jedoch um Nahrungsergänzungsmittel. Sie weisen in der Regel Probleme bei der Dosierung und der Qualität auf.

Für alle genannten Produkte gilt, dass sie problemlos auch zusammen mit Antibiotika eingenommen werden können. Bei Durchspülungsmitteln sollte die Einnahme nach Verschwinden der Symptome noch mindestens 14 Tage fortgeführt werden. Sie eignen sich auch für die Langzeitanwendung.
Karin Kraft hat eine Stiftungsprofessur für Naturheilkunde. Sie lehrt an der Universität Rostock.


 

Diese Arzneipflanzen helfen bei Blasenentzündung

Symptomatik

 

Arzneipflanzen

 

Unterstützung der Ausscheidungsfunktion der Niere, Brennen beim Wasserlassen

 

Echtes Goldrutenkraut, Acker-schachtelhalm, Gänsefingerkraut

 

Wiederkehrende Entzündungen mit Brennen beim Wasserlassen

 

Echtes
Goldrutenkraut
Akuter Harnwegsinfekt

 

Kapuzinerkressenkraut, Meerrettichwurzel (Senföle)

 

Bei Neigung zu Harnwegsinfektionen als Durch-spülungmittel

 

Birkenblätter, Goldrutenkraut, Orthosiphonblätter (Katzenbart), Tausendgüldenkraut,

 

Liebstöckelwurzel, Rosmarinblätter

 

Häufiges Wasser-lassen mit Brenn–
schmerz, allgemeines Krankheitsgefühl
Bärentraubenblätter