Wir brauchen Heilpraktiker!
Der DNB fordert eine sachliche Diskussion über die Zukunft des Berufes. Eine Stellungnahme zum Memorandum des Münsteraner Kreises.
VON GERT DORSCHNER
Das Münsteraner Memorandum Heilpraktiker hat große Wellen geschlagen. Darin fordert eine Gruppe aus Medizinern und Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen, den Beruf des Heilpraktikers zu reglementieren, stark zu beschränken oder ihn am besten ganz abzuschaffen.
Das Memorandum ist ein Dokument, „das vor sachlichen Fehlern wimmelt“, entgegnete der Präsident des Fachverbandes Deutscher Heilpraktiker, Christian Wilms. Der Vorwurf, Heilpraktiker werden nicht überwacht, sei falsch, sagte er in einem Interview mit der Deutschen Welle. Heilpraktiker müssten sich an sämtliche Gesetze halten, die auch im ärztlichen Bereich wichtig sind. Wilms zeigte sich außerdem irritiert darüber, dass kein einziger Heilpraktiker in die Gruppe eingeladen, geschweige denn befragt worden sei: „Man hat über einen Berufsstand geurteilt und niemanden aus dem Berufsstand befragt.“
Dieser Kritik schließt sich der Deutsche Naturheilbund an. Neben der Stimme der betroffenen Berufsgruppe der Heilpraktiker wäre sicherlich auch die Meinung von Inhabern eines Lehrstuhls für Naturheilkunde wertvoll gewesen, zumal in dem Memorandum explizit von allen Verfahren der Komplementären und Alternativen Medizin die Rede ist. Leider wurde keiner der Professorinnen und Professoren der Naturheilkunde angesprochen.
Der DNB steht voll hinter dem Beruf des Heilpraktikers, der aus dem deutschen Gesundheitswesen nicht mehr wegzudenken ist. Er erspart dem Gesundheitssystem Milliarden, da Heilpraktiker oft da anfangen, mit Erfolg zu therapieren, wo die Schulmedizin aufgegeben oder außer einer symptomunterdrückenden Behandlung nichts zu bieten hat.
Einheitliche Ausbildungsstandards
Der Deutsche Naturheilbund wünscht sich jedoch eine sachliche und fachgerechte Diskussion über die Kritikpunkte des Memorandums. Er befürwortet eine geregelte Ausbildung des Berufes sowie einheitliche Ausbildungsstandards. Denkbar wären -etwa Präsenzzeiten, festgelegte Mindest-inhalte und Pflicht-Praktika. Heilpraktiker könnten zudem medizinische Versorgungslücken auf dem Land zu schließen – ähnlich wie medizinische Fachangestellte, die sich zu sogenannten Versorgungsassistenten in der Hausarztpraxis (VERAH) weitergebildet haben.
Gerne wäre der Deutsche Naturheilbund bereit, in Abstimmung und Zusammenarbeit mit Heilpraktiker-Verbänden und naturheilkundlich arbeitenden Ärzten an soliden Ausbildungskriterien für Heilpraktiker mitzuwirken.
Zudem fordert der DNB, Naturheilkunde und Komplementärmedizin in Wissenschaft und Forschung zu integrieren. Wir brauchen mehr Studien und Projekte zu naturheilkundlichen Verfahren und Therapien!
Zum Hintergrund
Im August 2017 forderte der sogenannte Münsteraner Kreis, den Beruf des Heilpraktikers umfassend zu reformieren. Er spricht im Zusammengang mit Alternativer Medizin von Pseudowissenschaft und kritisiert, dass es für Heilpraktiker in Deutschland keine verbindliche und standardisierte Berufsordnung gibt, während Ärzte ein jahrelanges Studium absolvieren müssen.
Gert Dorschner ist Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin, Naturheilverfahren und Ernährungsmedizin, Ärztlicher Leiter der Akademie für Ganzheitsmedizin Heidelberg sowie Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des DNB.
www.akademie-fuer-ganzheitsmedizin.de