Arthrose natürlich lindern: Bewegung, Ernährung und bewährte Heilmittel

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Arthrose – wie Sie den Verschleiß aufhalten!

Die Arthrose ist die häufigste Erkrankung der Gelenke. Circa 6 Millionen Bundesbürger leiden darunter, vor allem an den Knie-, Hüft-, Finger- sowie den kleinen Wirbelgelenken. Jeder Mensch kann früher oder später betroffen sein, denn alle Körperzellen unterliegen im Laufe des Lebens einem natürlichen Verschleiß. Im Alter nimmt daher die Häufigkeit der Arthrose zu. Mit viel Bewegung und richtiger Ernährung kann man jedoch gegensteuern.

Arthrose (vom griechischen arthros = das Gelenk) bedeutet Gelenkabnutzung oder Verschleiß. Nicht zu verwechseln ist sie mit einer Arthritis – der primären Gelenkentzündung. Der Verschleiß bezieht sich zunächst auf die Knorpelschicht, mit der die Knochenenden, die sich im Gelenk gegeneinander bewegen, überzogen sind. Die Knorpelfläche ist normalerweise spiegelglatt, recht hart und auch elastisch, allerdings im Allgemeinen nur ein bis zwei Millimeter dick. Die Gelenkkapsel umschließt als feste Hülle das Gelenk und stabilisiert es mit faserigen Anteilen. Außerdem bildet die Innenhaut der Gelenkkapsel die Gelenkschmiere, eine zähe Flüssigkeit, die wie ein Ölfilm die glatten Knorpelflächen überzieht. Sie vermindert bei Bewegungen deren Reibungswiderstand, und der Knorpel wird über die ihn umgebende Gelenkflüssigkeit ernährt.

Die Arthrose entwickelt sich aus einem Ungleichgewicht zwischen der Belastungsfähigkeit und der tatsächlichen Belastung des Gelenks. Die Knorpelschicht wird zunehmend abgerieben, der darunterliegende Knochen freigelegt. Da er mit freien Nervenendigungen versorgt ist, wird nun jede Bewegung, insbesondere zu Beginn eines Bewegungsablaufes, schmerzhaft (sogenannter „Anlaufschmerz“). Bei Fortschreiten des Abriebprozesses treten diese Schmerzen auch in Ruhe auf.

Zusätzlich kann eine akute Gelenkreizung mit Schwellung und Überwärmung entstehen. Man spricht dann von einer „aktivierten“ Arthrose. Außerdem bildet der Knochen an den Gelenkrändern Abstützgewebe in Form kleiner Knochenanbauten (Osteophyten). Diese schränken die Gelenkbewegung zunehmend ein und führen im Extremfall zur Gelenkversteifung. Allerdings macht nicht jede Arthrose ständig Beschwerden: Oft finden sich Phasen mit beschwerdefreien Intervallen („stumme“ Arthrose).

 

Zur erblichen Belastung kommt ein mechanischer Schaden
In den meisten Fällen ist die Ursache der Arthrose laut Lehrbuch unbekannt („idiopathische“ oder „primäre“ Arthrose). Eine erbliche Belastung und Übergewicht spielen jedoch eine Rolle. Darüber hinaus können Fehlstellungen der Gelenke (z. B. X- und O-Beine), chronische Fehl- und Überbelastungen oder Unfallverletzungen die Knorpeloberfläche schädigen und damit zur vorzeitigen Arthrose führen. Oftmals liegen mehrere Gründe gleichzeitig für das Entstehen der Arthrose vor (z. B. erbliche Veranlagung und vermehrte Belastung durch Fußballsport). Seltener führen Gelenkentzündungen (z. B. bei der Polyarthritis) oder Stoffwechselstörungen (z. B. die Eisenspeicherkrankheit Hämochromatose) in der Folge zu einer Arthrose. Einige Naturheilkundler sind der Ansicht, dass bei einer Übersäuerung des Stoffwechsels das Knorpelgewebe schlechter ernährt und damit schneller abgenutzt wird.

Zur Diagnosestellung reichen meist die ärztliche Befragung und eine körperliche Untersuchung. Dabei wird die Bewegungsfunktion des Gelenks sowie der gelenkführenden Muskeln, Bänder und Nerven geprüft. Zu Beginn einer Arthrose ist im Röntgenbild oft nicht viel zu erkennen, denn es zeigt nur die Veränderungen am Knochen, nicht am Knorpel. Und außerdem: Nur 20-30 Prozent der Patienten, deren Röntgenbild arthrotische Veränderungen aufweist, haben auch wirklich Beschwerden. Mit der Magnetresonanztomografie (MRT), auch „Kernspin“ genannt, können hingegen bereits Knorpelschäden entdeckt werden. Im Ultraschall (Sonografie) lassen sich Knorpel- und Knochenschäden meist nicht ausreichend feststellen. Bei der Arthroskopie (meist ambulant) wird über einen kleinen Schnitt ein spezielles Sichtgerät in das Gelenk eingeführt. Der Arzt kann dadurch meist alle Gelenkstrukturen gut beurteilen, eventuell Risse an Bändern oder dem Meniskus behandeln oder raue Knorpelflächen glätten. Bei Verdacht auf eine Stoffwechselstörung oder rheumatische Entzündung müssen Laborwerte bestimmt werden (z. B. Entzündungsanzeiger CRP, Harnsäure).

 

Knorpelschäden bleiben, aber Folgen lassen sich lindern
Eine bestehende Arthrose kann nicht wieder rückgängig gemacht werden! Das können auch alle zum Teil noch in Erprobung befindlichen Verfahren nicht, wie die Knorpelübertragung oder Orthokintherapie. Bei letzterer werden aus Blutproben entzündungshemmende Eiweiße gewonnen und anschließend in das betroffene Gelenk gespritzt.

Aber die Auswirkungen der Erkrankung, wie eine akute Reizung mit Gelenkerguss, die Schmerzen und die durch Muskelverspannungen und -verkürzung bedingten Bewegungseinschränkungen können deutlich gelindert oder für längere Zeit beseitigt werden.

In der schulmedizinischen Behandlung werden zunächst meist Schmerzmittel verordnet (z. B. Paracetamol, Ibuprofen oder Diclofenac), gelegentlich wird auch reizreduzierendes Kortison in die Gelenke gespritzt. Wichtig ist dann Krankengymnastik zur Muskelkräftigung sowie die Behandlung von Schonhaltungen und eventuell bereits eingetretenen Muskelverkürzungen.

 

Nicht jede hilfreiche Therapie wird von den Kassen bezahlt
Bei einer noch nicht so vorangeschrittenen Kniearthrose kann das Einspritzen von Hyaluronsäure, dem Hauptbestandteil der Gelenkflüssigkeit, die Beschwerden manchmal für einige Monate deutlich lindern. Da die meisten Krankenkassen die Kostenübernahme ablehnen, muss die Behandlung selbst bezahlt werden (circa 300 Euro).

Oft hilft auch eine durchblutungsfördernde und schmerzstillende Elektrotherapie (z. B. Iontophorese: hierbei werden schmerzstillende Salben mittels Gleichstrom in das Weichteilgewebe transportiert).

Die lokale Kälteanwendung lindert eine aktivierte, also gereizte Arthrose, z. B. 2- bis 3-mal täglich Gelbeutel aus dem Tiefkühlfach in einer Stoffhülle für 10-15 Minuten auf das überwärmte Gelenk legen. Über Nacht kann man Quarkumschläge aufbringen. Im chronischen Stadium ist allerdings meist Wärme besser: z. B. Fango (als Pulver) mit heißem Wasser anrühren, die Paste circa 2 cm dick auflegen, mit Plastikfolie, Wolltuch und elastischer Binde umwickeln und über Nacht einwirken lassen.

 

Teufelskralle und Brennnessel als Tee gegen die Entzündung
Teufelskralle (z. B. Cefatec® 480 oder Teltonal® 480 morgens und abends 1 Tablette zu den Mahlzeiten) hat entzündungs- und schmerzstillende Eigenschaften, eine spürbare Besserung tritt nach circa 2 Wochen auf. Da Teufelskralle gelegentlich Magen-Darm-Probleme verursacht, sollte die Therapie zunächst nicht länger als 4 Wochen am Stück erfolgen. Als lokale Injektionen um das Gelenk herum (z. B. Allya®) hat sich Teufelskralle gerade bei der Kniearthrose bewährt.

Brennnesselpräparate (z. B. Hox® alpha, 2 x 1 Kapsel, oder Rheuma Hek®, 2 x 2 Kapseln) wirken entzündungshemmend, da sie wie die Teufelskralle Botenstoffe (Zytokine) hemmen, die für das Fortschreiten der Arthrose verantwortlich sind. Für eine längere Anwendung eignen sich Brennnessel und Teufelskralle auch als Teezubereitung.

Neuraltherapie (Injektionen mit Lokalbetäubungsmitteln an Schmerzpunkten sowie an Bandansätzen und der Gelenkkapsel) eventuell mit Zusatz von Homöopathika, z. B. Zeel® comp N, hat sich besonders bei Knie- und Schultergelenkarthrose sowie Abnutzung der Wirbelgelenke bewährt.

Auch Eigenblut, anfangs zweimal pro Woche, ab der 2. Woche einmal pro Woche, wird an Punkten ähnlich der Neuraltherapie in bzw. unter das Unterhautgewebe gespritzt, z. B. bei der Kniearthrose. Enzyme (z. B. Phlogenzym®, 3 x 2 Dragees über 4-6 Wochen) helfen vor allem bei geschwollenen Gelenken.

Lokale Einreibungen z. B. mit Bienengiftsalbe oder Pfeffer-(Capsicum-)salbe (Thermo Bürger Salbe oder Jucurba Capsicum-Schmerzemulsion) eignen sich besonders bei der Fingerarthrose.

Wenn die Arthrose sehr weit fortgeschritten ist, stehen operativer Gelenkersatz vor allem an Knie- und Hüftgelenken zur Verfügung. Doch damit es nicht soweit kommt, sollten Sie sich auf jeden Fall bewegen und vorhandenes Übergewicht reduzieren. Davon profitieren gerade die unteren, gewichttragenden Hüft- und Kniegelenke.

 

Gewichtsreduktion entlastet die Knie und Hüftgelenke
Die Druckbelastung auf die Knorpelflächen kann sich bei Bewegung verdoppeln bis vervierfachen: bei einem 80 kg schweren Menschen treten beim Hüpfen oder einem kleinen Sprung vom Treppenabsatz rasch Druckbelastungen bis zu 300 kg auf. Eine Gewichtsabnahme von z. B. nur 4 kg wirkt sich für die Gelenke in einer Belastungssituation wie eine ganze Getränkekiste weniger Gewicht aus. Dabei hilft auch die richtige Ernährung:

► Weniger tierisches Eiweiß: Es enthält viel Arachidonsäure, die auch bei gereizten Arthrosen Entzündungsprozesse unterstützt.

► Überwiegend vegetarische und basische Kost. Einige Patienten haben gute Erfolge mit der Rohkosternährung.

► Mehr Omega-3-Fettsäuren (als Gegenspieler zur Arachidonsäure), die in fettreichen Fischen (z. B. Makrele, Hering, Lachs) oder Pflanzenölen (Lein-, Hanf- und Rapsöl) vorkommt.

 

Arachidonsäure meiden, freie Radikale unschädlich machen
Antioxidantien, insbesondere das Vitamin E, haben unterstützende Effekte. Für Glucosamin gibt es Untersuchungen, die bei der Kniearthrose positive Auswirkungen – allerdings in bescheidenem Ausmaß – zeigen. Alle anderen vielbeworbenen Präparate mit Knorpelsubstanzen vom Huhn bis zum Haifisch, Grünlippmuscheln und Kalkpräparate sind einen wissenschaftlichen Wirkungsnachweis bisher schuldig geblieben.

Dehnungs- und Anspannungsübungen halten Gelenke in Bewegung. Günstig sind fließende, nicht abrupte Bewegungen ohne große Stoß- und Scherbelastungen. Eine kräftige Muskulatur hilft die Bewegung abzufedern und schützt die Gelenke vor Extremauslenkung und Überlastung.

Schwimmen und gehen statt rasten und rosten
Für die Beine wirken sich Gehen und Nordic Walking günstig aus. Dabei auf feste, aber bequeme Schuhe mit stoßdämpfender Sohle (z. B. Gel- oder Luftkissen) achten. Beim Radfahren möglichst die Ausdauer ohne großen Pedalwiderstand trainieren. Steigungen oder starker, anhaltender „Tretwiderstand“ erhöhen die Gelenkbelastung.

Beim Schwimmen führt der Auftrieb zur Gewichtsentlastung aller Gelenke, trotzdem werden die Muskeln durch den Wasserwiderstand angeregt. Schwimmen ist für fast alle Gelenke günstig, für die Beine sollten die Flossenschlagbewegung (wie beim Kraulen) oder Strampeln (wie beim „Toten Mann“) gegenüber den Scherbewegungen des Grätschens beim Brustschwimmen bevorzugt werden. Bei Halswirbelsäulenproblemen nicht zu stark den Kopf herausrecken, am besten beim Brustschwimmen mit dem Kopf eintauchen oder besser gleich auf dem Rücken schwimmen.

Ungünstig sind Sportarten, bei denen es zu abrupten Stoß- und Bremsbewegungen in den Gelenken kommt (z. B. Tennis oder Joggen auf hartem Untergrund) oder das Gelenkverletzungsrisiko groß ist (z. B. beim Fußballspielen).

 

Dehn- und Bewegungsübungen für jeden Tag
Übung 1: Gerade Sitzhaltung, rechten Arm gebeugt in Richtung Nacken führen und Kleinfingerkante an das linke Schulterblatt anlegen, mit der linken Hand um den Ellenbogen greifen und unter leichter Dehnung der Rücken- und Oberarmmuskulatur weiter Richtung Kopf ziehen, 10 Sek. halten, lockern, jede Seite 2- bis 3-mal wiederholen.

Übung 2: Ellenbogen angewinkelt, Hände nach vorn gestreckt. Zuerst Finger in den Mittelgelenken wie eine Kralle beugen, anschließend strecken. Dann alle Finger zur lockeren Faust schließen, strecken. Dann Faust halten und Handgelenk nach oben überstrecken und unten beugen, je zehnmal mit beiden Händen wiederholen.

Übung 3: In leichter Schrittstellung, rechtes Bein nach vorn, linke Ferse bleibt auf dem Boden. Gewicht nach vorn verlagern, bis leichte Dehnung in der linken hinteren Oberschenkelmuskulatur und der Wade zu spüren ist. 10 Sek. halten, Seite wechseln. Je 5-mal wiederholen.

Übung 4: Mit rechter Hand an der Wand abstützen, linkes Knie beugen, Fuß mit der linken Hand fassen und Richtung Gesäß ziehen. Dehnungsgefühl im rechten Oberschenkel spüren, 10 Sek. halten, lockern. Pro Seite 2-mal wiederholen.

Übung 5: In den Türrahmen stellen, Arme seitlich abspreizen und mit den Fingerspitzen beidseits Druck auf den Rahmen ausüben, dabei Schulterblätter hinten zusammenführen, Spannung 10 Sek. halten, lockern. 5-mal wiederholen.

 

Autor:
Dr. med. Andreas Weiß, Jahrgang 1958, Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin, Zusatzbezeichnungen Chirotherapie und Naturheilverfahren. Oberarzt an einer Fachklinik für Innere Medizin und Rheumatologie in Bad Homburg.

Entnommen aus dem „Naturarzt“ April 2007