DNB erhält außergewöhnliche Ausstellung

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„NATURHEILKUNDE VON EINST BIS JETZT“

Medizinisch historische Ausstellungen zu ausgewählten Bereichen der Naturheilkunde gibt es natürlich viel – doch eine Ausstellung, die den gesamten Bogen von 1750 bis in die Moderne spannt? Naturheilkunde-Klinikdirektor Prof. Dr. med. André Beer hat bereits 2016 diese wohl einzigartige Ausstellung zusammengestellt und nun dankenswerterweise in Form einer Schenkung an den DNB übergeben. So fanden nun rund 100 Exponate eine neue Heimat im Schloss Bauschlott und sollen von dort aus auch den Naturheilvereinen und anderen Interessierten zur Verfügung gestellt werden.

Nachstehend ein kleiner Eindruck über die Inhalte der Ausstellung: Der Philosoph Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) gab um 1750 mit seinen Gedanken und Worten Anstoß für die Idee der modernen Naturheilkunde, zum Beispiel mit folgender Aussage: „Orientiere dich in allem an der Natur und ihren Maßstäben und du wirst gesund und glücklich leben“. Verschiedene Ärzte griffen diese Forderung auf, in Deutschland u.a. Dr. Siegmund Hahn und schließlich entstand die sog. Hydropathie-Bewegung – hier standen Kaltwasseranwendungen im Vordergrund.
Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden anstatt der „Hydropathie“ die Begriffe „Naturheilkunde“ und „Naturheilverfahren“ verwendet. In der Ausstellung erwähnt sind in dieser Zeitspanne namhafte Pioniere wie Dr. Lorenz Gleich, Vincenz Prießnitz, J. H. Rausse, Eucharius Ferdinand Christian Oertel und natürlich gibt es auch Bilder der ersten Wasserheilanstalt im Gräfenberg, die laut Kurator Prof. Dr. med. André Beer Vorbild für die Gründung von 60 weiteren Wasserheilanstalten in Deutschland und 40 in Österreich war.

„Man hat das volle Recht, von dem Auftreten Prießnitz an eine neue Epoche der Hydrotherapie zu datieren“ (Wilhelm Winternitz, 1888)

Der Fuhrmann Johann Schroth war ein Mitschüler von Prießnitz“ und fügte erste Formen der Ernährungstherapie hinzu. Der Buchhändler Adolf Just brachte die Heilerde-Therapie in die Naturheilkunde ein und gründete 1896 den ersten Jungborn im Harz. Es folgten (in der Ausstellung und in der Historie) Arnold Rikli mit der Licht- und Lufttherapie, die Ordnungstherapie mit Sebastian Kneipp und später Max Bircher-Benner.
Um 1850 gilt die Naturheilbewegung als abgeschlossen und es schließt sich die Lebensreformbewegung an: Weber und Pfarrer Sebastian Kneipp mit den Besonderheiten der gezielten Gusstherapie werden beschrieben und der Geschäftsmann Eduard Bilz, sowie die erste Frau als Naturärztin, Anna Fischer-Dückelmann.

„Erst als man den Zustand ihrer Seele erkannte und da Ordnung hineinbrachte, ging es mit dem körperlichen Leiden auch besser“. (Sebastian Kneipp)

Eine Akademisierung der Naturheilkunde zeigt sich ab 1900: Ärzte nahmen sich auf wissenschaftlichem Niveau der Naturheilkunde an. Im Dritten Reich entstand die sogenannte „Biologische
Medizin“. Sie bestand aus der Homöopathie, der Schüssler-Therapie und der traditionellen Naturheilkunde. Exemplarisch zeigt die Ausstellung das sogenannte „Dresdner Experiment“ mit dem Naturarzt Prof. Brauchle und dem Internisten Prof. Grothe. Hier arbeiteten Schulmedizin und NHK wohl erstmalig in der Geschichte wissenschaftlich und klinisch eng zusammen. Nach dem Krieg entwickelte sich im Osten überwiegend die Physiotherapie weiter und im Westen blieben die Naturheilverfahren erhalten (Hydrotherpie, Bewegungs-, Ordnungs-, Ernährungstherapie und Phytotherapie), wie Tafeln erläutern

„So merkwürdig es klingt: Erst in dem Maße, wie Schroth sich neben Prießnitz heraufarbeitete, geschah der Fortschritt vom Wasserheilverfahren zum Naturheilverfahren“. (Gunther Hildebrand, 1934)

Um 1950 fanden zu den klassischen europäischen Naturheilverfahren mehr und mehr ausländische Therapien den Weg nach Deutschland, was die Ausstellung dokumentiert. In die Praxen hielten Elemente der chinesischen Medizin wie „die Akupunktur“ und der indischen Medizin wie „Ayurveda“ Einzug. Man sprach nun von komplementärmedizischen Verfahren, bzw. der integrativen Medizin.
Die Zeitreise der Ausstellung schließt nach dem zweiten Weltkrieg mit einem Zitat des damaligen Lehrstuhlinhabers für Naturheilkunde in Deutschland Prof. Malte Bühring: „Die Naturheilkunde…zählt zu den bedeutendsten Medizin- und Therapieformen innerhalb der sogenannten Schulmedizin“. Dies soll auch diese Ausstellung verdeutlichen, nämlich dass es nur eine Form der Medizin gibt und Naturheilkunde und die konventionelle Medizin – die Schulmedizin – niemals getrennt waren, so Kurator Prof. Dr. med. André Beer.

Sabine Neff , DNB Bundesgeschäftsführerin

 

Foto: Prof. Dr. med. Beer bei der Übergabe der Exponate.