Ein ungewöhnliches Training hilft Menschen mit Sehbehinderung, die Welt um sie besser wahrzunehmen. Aber auch Menschen mit gesunden Augen profitieren

Von Evelyn Ohly, Foto: privat

Sehen ohne Augen ist ein ganzheitliches Training für Gehirn und Geist. Es ermöglicht visuelle Wahrnehmungen, die dem tatsächlichen Sehen ähnlich sind, ohne dass dabei die Augen benutzt werden. Das Training erweitert das Bewusstsein und lässt Menschen die Welt um sie herum besser wahrnehmen – auch wenn sie aufgrund einer Sehbehinderung nur eingeschränkt oder kaum sehen können. Aber auch Sehende trainieren diese mentale Technik, um damit ihr Selbstbewusstsein zu stärken und ihre Intuition zu schulen.

Beim Sehen ohne Augen werden linke und rechte Gehirnhälfte trainiert. Kinder und Erwachsene erleben nach dem Training sehr oft, dass sich ihre Konzentration und ihre Gedächtnisleistung verbessert. Sie können Informationen besser aufnehmen, haben mehr Selbstvertrauen im Alltag und entwickeln eine gelassenere Haltung in herausfordernden Situationen. Für Kinder mit der Diagnose ADHS kann Sehen ohne Augen eine Unterstützung auf ihrem Weg zur inneren Ausgeglichenheit bedeuten.

Fördert die Konzentration und das Lernen

Sehr oft habe ich in meiner Praxis erlebt, dass Kinder, die als Außenseiter in ihren Klassenverbänden galten, nach einem Sehen ohne Augen-Training aus dieser unangenehmen „Rolle“ herauskamen. Auch bei der Therapie von autistisch veranlagten Kindern konnte Sehen ohne Augen helfen. Bei vielen Kindern wurde bei gleichbleibendem Lernaufwand eine Verbesserung der schulischen Leistungen beobachtet.

Aber wie erklärt sich, dass ein „Sehen ohne die Augen“ möglich ist? Sehen ist ein hochkomplexer Prozess, an dem nicht nur die Augen, sondern auch zu einem großen Teil das Gehirn beteiligt ist. Optische Signale werden in Nervenimpulse umgewandelt und über den Thalamus weiter zum Sehzentrum gesendet. Dieses ist im hintersten Bereich des Gehirns angesiedelt, im sogenannten Occipitallappen. Hier werden die Informationen analysiert, Stück für Stück geordnet und begriffen. Das Bild, das wir sehen, ist eine Interpretation unseres Sehzentrums.

Beim Sehen ohne Augen brauchen wir die Augen nicht mehr, um die uns umgebenden und gelernten Informationen aufzunehmen. Das Gehirn, beziehungsweise das menschliche Bewusstsein lernt, alle uns umgebenden Informationen ohne den Einsatz der Augen aufzunehmen.

Das Training beim Sehen ohne Augen-Team ist mit einfachen Mitteln wie Farbblättern, Bechern und Bälle aufgebaut. Trainiert wird entweder mit geschlossenen Augen oder mit einer blickdichten Mindfold Maske auf den Augen. Obwohl dieser Trainingsweg recht einfach erscheint, führt er bei entsprechender Anleitung und Ausdauer zum Erfolg. Auch ist für uns die Freude und der Spaß am Lernen in dieser Trainingszeit enorm wichtig.

In dem Intensiv-Seminar bei uns geht es die meiste Zeit bunt, lustig und doch sehr effizient zu. Das Seminar besteht aus einem Intuitionstraining am Vormittag und einem zweiten Teil, der sich dem Sehen ohne Augen widmet. Zehn spielerische, aufeinander aufbauende Übungen unterstützen die Teilnehmer dabei, ihr inneres Potenzial zu erwecken und zu stärken. Ziel ist es unter anderem, mit geschlossenen Augen Informationen über einen auf dem Tisch befindlichen Gegenstand richtig abrufen zu können – also etwa die Farbe oder die Form. Das Seminarziel des zweiten Teils ist, mit verbundenen Augen das Umfeld visuell erkennen zu können.

Zusätzlich erhalten die Teilnehmer von uns viele in der Praxis erprobte Tipps und Anleitungen, mit denen sie ihr Leben schöner und erfolgreicher gestalten können. Bei Kindern und Erwachsenen mit einer Sehfähigkeit von mehr als 20 Prozent sind bereits nach einem eintägigen (Kinder) und einem fünftägigen (Erwachsene) Seminar Erfolge möglich. Bei Kindern und Erwachsenen mit einer Sehfähigkeit unter 20 Prozent ist meist mit einem mehr an Trainingsaufwand zu rechnen. Wir freuen uns auf Sie!

Evelyn Ohly ist Seminarleiterin, Autorin und Vortragsrednerin und Teil des Teams Sehen ohne Augen. www.sehen-ohne-augen.de