Außer Maske nichts zu bieten
Bei der aktuellen Corona-Forschung werden klinische naturheilkundliche Verfahren nicht berücksichtigt. Dabei gibt es vielversprechende Ansätze aus der Phytotherapie.
Von Prof. Dr. Karin Kraft und Dr. med. Wolfgang May
Die Pandemie mit dem Sars- CoV-2-Virus wird noch viele Monate andauern. Ein wirksames antivirales Medikament ist bisher nicht verfügbar, ebenso wenig ein Impfstoff. Daher werden wir wohl zur Prävention weiterhin Abstand halten, Hygienemaßnahmen einhalten und eine Mund-Nasen-Maske im öffentlichen Raum tragen. Die Wirksamkeit dieser Präventionsmaßnahmen ist allerdings wissenschaftlich kaum abgesichert, wie auch das Robert-Koch-Institut zugibt.
„Dass unsere virologischen und epidemiologischen Autoritäten über Dunkelziffern, Infektiosität von symptomfreien Virusträgern, derzeit bei uns vorherrschenden Infektionswegen … und viele andere wichtige Fragen so wenig wissen, gehört für mich zu den unfassbaren Phänomenen der letzten Wochen“, schrieb Dr.med. Rainer Stange, Präsident des Zentralvereins der Ärzte für Naturheilverfahren (ZAEN) im Editorial der Mai-Ausgabe des ZAEN-Magazins. Inzwischen wird weltweit, auch in Deutschland, mit Hochdruck geforscht. Erste Studien sind bereits abgeschlossen, etwa zur Auswirkung der frühen Maskenpflicht im Kreis Jena.
Beifuß wirkt antiviral
Sogar die wissenschaftsbasierte Medizin tappt also noch im Dunklen, wie man am besten mit Corona umgeht – und gewinnt erst Schritt für Schritt neue Erkenntnisse. Das wäre doch eine gute Gelegenheit, auch komplementäre Heilmethoden bei der Behandlung oder der Vorbeugung von Corona zu berücksichtigen. Immerhin wird inzwischen der Heilpflanze Artemisia größere Aufmerksamkeit zuteil. In China wurden bereits im Jahr 2005 Pflanzen aus der Traditionellen Chinesischen Medizin und ihre Wirkung auf den Erreger von SARS untersucht. Eine davon erwies sich als besonders vielversprechend und leicht zu vermehren: Der einjährige Beifuß (Artemisia annua).
Inspiriert von diesen Studien, erforschen Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam aktuell, ob sich Artemisia auch als Wirkstoff gegen das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 eignen könnte. Im Verbund mit Forschern aus Dänemark und einem Unternehmen aus USA, das Pflanzenmaterial für die Studie zur Verfügung stellt, verzeichnen die Wissenschaftler bereits erste Erfolge: Im Labortest wirken pflanzliche Extrakte von Artemisia annua gegen SARS-CoV-2. Den Labortests sollen jetzt klinische Studien folgen. Extrakte von Artemisia gelten in Asien, Lateinamerika und Afrika vor allem bei der Behandlung von fiebrigen Krankheiten als erfolgreiches Mittel, etwa bei Malaria und werden dort teilweise bereits auch bei Corona angewandt. Unter anderen betreut die Hilfsorganisation Anamed (siehe Heft 2020/Ausgabe 2) den Anbau und die Verwendung in über 80 Ländern.
Es gäbe aber noch viel mehr vielversprechende Ansätze aus der Pflanzenheilkunde, wie sich die Häufigkeit der Ansteckung oder die Schwere des Verlaufs günstig und kostengünstig beeinflussen lässt. Leider gibt es keine Hinweise darauf, dass im Gegensatz zu vielen anderen Ländern wie zum Beispiel China die klinische naturheilkundliche, insbesondere phytotherapeutische Forschung auch nur mit geringen Mitteln in Deutschland öffentlich gefördert wird.
Hemmen Gerbstoffe das Coronavirus?
Die wesentlichen Eigenschaften von Sars-CoV-2 kennen wir bereits. Umhüllte Viren, wie das Coronavirus oder das Influenzavirus, haben eine Hülle aus einer Lipiddoppelschicht, die aus Membransystemen der Wirtszelle stammt. Diese Virushüllen werden relativ leicht von vielen exogenen Verbindungen (zum Beispiel Lösungsmitteln oder ätherischen Ölen) angegriffen. Der Mund-Rachenraum könnte demnach vermutlich durch Gerbstoffe gegen das Eindringen von Viruspartikeln geschützt werden. Wie lange dies am lebenden Organismus anhält, ist bisher unbekannt. Regelmäßiges Gurgeln mit Grüntee bzw. mit Grüntee-Extrakt wirkt präventiv gegenüber Influenzaviren. Die Veränderung des Mundgefühls nach der Einnahme tanninhaltiger Zubereitungen, etwa lang gebrühtem schwarzen Tee, ist sicherlich jedem bekannt. Vielleicht könnte dadurch auch das Anhaften eines eindringenden Virus gehemmt werden? Dies müsste noch untersucht werden.
Bekannt ist auch, dass der Hauptbestandteil des Eukalyptusöls – 1,8-Cineol – Mäuse vor einem schweren Verlauf der Lungeninfektion durch das Influenzavirus-C schützt, vermutlich infolge seiner antientzündlichen Wirkung. Ebenso haben Wissenschaftler festgestellt, dass Salbeiöl – zumindest im in vitro-Versuch – die Replikation des Virus hemmt. Salbeiblätter enthalten neben ätherischem Öl auch Gerbstoffe, so dass auch Präparate wie z. B. Gurgellösungen erfolgreich angewendet werden könnten. Zur Wirkung der Gerbstoffe im Salbei liegen allerdings ebenso wenig klinische Studien vor. Folgende Maßnahmen könnten daher zumindest eine Möglichkeit sein, sich vor der Infektion mit Sars-CoV-2 zu schützen: Inhalationen und Nasensalben mit ätherischen Ölen, die zum Beispiel 1,8-Cineol enthalten wie das Eukalyptusöl, könnten sowohl gegen das Virus selbst prophylaktisch wirken als auch Entzündungsreaktionen nach der Infektion reduzieren. Dadurch könnte der Verlauf der Erkrankung abgemildert werden.
Hochkonzentrierte Gerbstoffextrakte aus Zubereitungen von Salbeiblättern, Grüntee etc. könnten in der Mundhöhle als Prophylaxe eingesetzt werden,
z. B. als Gurgel- und Mundspüllösung oder vielleicht auch als Zubereitungen zum Lutschen.
Corona vorbeugen – Naturheilkundliche Empfehlungen:
Eukalyptus- Öl
Wirkt abschwellend, sekretlösend und fördert bei Husten Auswurf. Wenige Tropfen um oder in die Nase auftragen. Oder: drei Tropfen Eukalyptusöl (aus der Apotheke) auf ein Zuckerstück auftragen und lutschen. Achtung: Bonbons sind nicht ausreichend wirksam.
Inhalation: 20 Tropfen Eukalyptusöl wird einem heißen Wasserbad (60 bis 80 Grad, Wasser soll nicht kochen!) zugefügt. Die heißen Dämpfe dann 10-15 Minuten pro Tag oder direkt nach nach Kontakt mit möglicherweise Infizierten inhalieren. Anmerkung: Eukalyptusöl wird aus den frischen Zweigspitzen des Eukalyptusbaumes gewonnen und enthält etwa 70 Prozent 1,8-Cineol.
Grüntee
2-4 g (etwa 1-2 TL) auf 0,3-0,5 Liter Wasser trinken. Nicht aufkochen, sondern bei ca. 70 °C aufbrühen und mindestens 10 Minuten ziehen lassen.
Salbeitee
2-3 g (etwa 1-2 TL) Blätter mit kochendem Wasser übergießen. 10 Minuten ziehen lassen, 2-3 Mal pro Tag eine Tasse trinken und zum Gurgeln verwenden. Frischen Salbei bevorzugen, getrocknete Blätter sollten nicht länger als ein Jahr gelagert werden.
Siehe auch: Andreas Hensel, Rudolf Bauer, -Michael Heinrich, Verena Spiegler, Oliver Kayser, Georg
Hempel, Karin Kraft: Challenges at the Time of COVID-19: Opportunities and Innovations in -Antivirals from Nature. Planta Medica, 2020; 86: 659-664.
Prof. Dr. med. Karin Kraft ist Inhaberin des -Lehrstuhls für Naturheilkunde an der Universitätsmedizin Rostock.
Dr. med. Wolfgang May ist Internist, Arzt für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Homöopathie und Naturheilverfahren.