Aus der Praxis: Ein Patient leidet unter chronischem Erschöpfungssyndrom. Kann ihm Heilfasten helfen oder ist davon abzuraten?
von Dr. med. Wolfgang May
„Ich leide seit längerem unter Erschöpfungszuständen und immer wieder auftretenden Infekten. Seit kurzer Zeit bin ich in Behandlung bei einem Arzt, der die Dinge auch naturheilkundlich betrachtet. Laboruntersuchungen haben erbracht, dass bei mir der Epstein-Barr-Virus aktiv ist und eine mitochondriale Dysfunktion vorliegt. Die Therapie hat jetzt mit viel Nahrungsergänzungsmitteln, Infusionen und einer Mikroimmuntherapie begonnen – und ich fühle mich in guten Händen. Es deutet vieles darauf hin, das bei mir ein chronisches Müdigkeits-/Erschöpfungssyndrom (CFS) bzw. myalgische Enzephalomyelitis (ME) vorliegt. Ist bei dieser Diagnose Heilfasten sinnvoll? Mit dem intermittierenden Fasten, (also 16 Stunden ohne Nahrungsaufnahme) habe ich vor ein paar Tage aus eigenem Antrieb begonnen.“
Aus einer Patientenanfrage an Dr. med. Wolfgang May
Die Fastenumstellung ist Stress für unseren Organismus. Der Stressforscher Hans Selye hat das bereits in den 1950er Jahren beschrieben. Nach einem Tag -Fasten sind die Zuckerreserven verbraucht, die Stresshormone Adrenalin und Cortisol werden kurze Zeit vermehrt ausgeschüttet, das Körpereiweiß wird zum Energielieferanten. Parallel dazu wird die Fettverbrennung aktiviert.
Die Erfahrung hat folgendes gezeigt: Ist der Körper durch Stress massiv geschwächt, verbietet sich strenges Fasten im Sinne einer Nulldiät. Ich folge den Erfahrungen aller Fastenärzte: Je kränker jemand ist, umso milder die Fastenkur. Keine Kur bei Kontraindikationen.
Nulldiät nein, Intervall-Fasten ja
Anders sieht es bei intermittierendem Fasten oder Intervall-Fasten aus. Das ist strenggenommen nämlich kein Fasten, da die Fasten-Stoffwechselumstellung in dieser kurzen Zeit nicht stattfindet. Hierzu gibt es keine Gegenindikationen, solange genug getrunken wird und keine Medikamente eingenommen werden, die Unterzucker verursachen können (DGE info Fasten, Ausgabe 2/2018).
Zum chronischen Erschöpfungssyndrom
Ob nun eine Stresssituation, ein Burn-out oder schon ein Chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS) vorliegt, kann mit einem Cortisol-Tagesprofil und weiteren Laborwerten gemessen werden.
Es gibt Umweltschadstoffe, die Entzündungen verursachen. Wenn dazu noch eine Infektion kommt, bilden sich vermehrt freie Radikale. Auch eine genetische Disposition kann Burn-out und Erschöpfung begünstigen. Bei einigen Menschen ist die Aktivität des Enzyms COMT verlangsamt (COMT-Polymorphismus), was dazu führt, dass Stresshormone nur sehr langsam abgebaut werden.
Die Epstein-Barr-Virusinfektion ist keine Ursache des chronischen Müdigkeits-syndroms (CFS) und heilt bei intaktem Immunsystem in ein bis zwei Wochen aus. Es gibt von offizieller Seite keine Therapie-empfehlung, allein die Beschwerden sollten behandelt werden.
Immunfeinde meiden
Wenn Infektionen chronisch werden und es dadurch zu Erschöpfungszuständen kommt, sollten Immunfeinde gemieden werden. -Diese sind: Zu wenig Schlaf, zu viel Stress, zu wenig Bewegung, zu viel an Genussmittel (Alkohol, Kaffee, Nikotin) oder der Kontakt mit Umweltschadstoffen (Industrie- und Autoabgase, Chemikalien,
Elektrosmog). Auch Medikamente, etwa
Antibiotika oder fiebersenkende Mittel können deutlich abwehrschwächende -Folgen haben.
Naturheilkundliche Therapieempfehlungen
Kalt-Warm-Reize mit Waschungen, Güssen, Wassertreten, regelmäßige körperliche Bewegung (zwei bis dreimal pro -Woche 30 bis 60 Minuten mit 50 bis 70 Prozent der maximalen Leistungsfähigkeit), Sauna einmal pro Woche, leicht verdauliche vegetarische Kost, mikrobiologische Therapie (milchsaure Nahrungsmittel, Bifidobakterien, Laktobazillen), Pflanzen mit immunaktiven Stoffen -(Sonnenhut, Taigawurzel, Umckaloabo), Nahrungsergänzungsmittel (Vitamine A, B6, C, E, Magnesium, Selen, Zink, Bio–H-tin, Aminosäure Arginin), -Bioflavonoide in Äpfeln, Birnen, hellen und dunklen Trauben, Kirschen, Beerenobst, Zwiebeln und grünem -Gemüse.
Dr. med. Wolfgang May ist Internist, Arzt für -Physikalische und Rehabilitative Medizin, Homöopathie und Naturheilverfahren sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des DNB. Er begleitet und betreut regelmäßig -Fastenkuren. www.dr-wolfgang-may.de